29.11.23 – Branchenpressekonferenz 2023
Spielwarenbranche stemmt sich gegen Krise
Gestern traf sich die Spielwarenbranche in Nürnberg zur Branchenpressekonferenz. Ulrich Brobeil, Geschäftsführer (DVSI), Steffen Kahnt, Geschäftsführer (BVS), und Joachim Stempfle, Executive Director Toys, Circana, präsentierten aktuelle Daten und Fakten der Spielwarenbranche und gaben einen Ausblick auf das Weihnachtsgeschäft und das kommende Jahr 2024.
Nach einer kurzen Begrüßung und der Vorstellung der Referenten ging es gleich in medias res. Joachim Stempfle betonte zu Beginn seines Vortrags: „Das schwierige Marktumfeld mit einer hohen Inflation und vielen Unsicherheiten bei den Verbrauchern zeigt sich auch in den Umsätzen der Spielwarenbranche.“ Der bisherige Jahresverlauf bis einschließlich Oktober weist laut Stempfle einen Umsatzrückgang von -4 % auf. Im Vergleich zu vielen anderen Bereichen kann sich allerdings die Branche gut behaupten. Der Umsatzrückgang sei in allen Vertriebskanälen zu sehen, am stärksten betroffen ist der Bereich der Hypermarkets. Ebenfalls hervorzuheben: Der durchschnittliche Verkaufspreis hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um nur +1 % auf 13,20 € erhöht. Hier haben viele Verbraucher auf günstigere Produktvarianten umgeschwenkt.
Fast alle Top-Lieferanten verzeichnen Minus
Ein genauerer Blick auf die Top 10 der umsatzstärksten Lieferanten zeigt, dass nur Amigo durch den ungebrochenen Trend der Pokémon Trading Cards ein hohes zweistelliges Wachstum von über +40 % aufweisen kann. Alle großen Hersteller wie Lego, Mattel, Simba,Tonies, Hasbro, Playmobil, Schleich und Kosmos verzeichnen im bisherigen Jahresverlauf ein rückläufiges Ergebnis. Nur Ravensburger konnte durch die Einführung der Disney Lorcana Trading Cards, die Pokémon Lizenz und durch das Tiptoi-Lernsystem andere rückläufige Serien ausgleichen und hat damit ein Ergebnis wie im Vorjahr erzielt.
Lizenzen immer wichtiger
Auch wenn das Lizenzgeschäft gerade etwas unter der Krise leidet, ist der Rückgang mit -2 % deutlich schwächer ausgeprägt als bei den nicht lizensierten Spielwaren. Das führt dazu, dass der Umsatzanteil der Lizenzen in Deutschland weiter gewachsen ist: „Mit 26 % haben wir ein Allzeithoch, mit dem vor Jahren niemand gerechnet hätte“, so Stempfle.
Weihnachtsgeschäft 2023 schrumpft
Auch wenn für die Handelsunternehmen in der Spielwarenbranche die Kosten explodieren und die Konsumenten auf Sparkurs gehen: Der Blick Richtung Weihnachten ist dennoch optimistisch. „Die Spielwarenhändler verkaufen Träume und schenken Glücksmomente. Gerade jetzt besinnen sich die Menschen auf die Familie und schaffen zuhause eine heile Welt“, ist sich BVS-Geschäftsführer Steffen Kahnt sicher.
Letztes Weihnachten haben die Deutschen jedem Kind (zwischen 3 und 12 Jahren) im Durchschnitt Spielzeug im Wert von 148 € geschenkt. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des BVS hervor. Für das Gesamtjahr 2023 rechnet der Handelsverband Spielwaren über alle Vertriebswege mit einem Umsatzrückgang von ca. 4 %. Damit würde der Inlandsmarkt auf 4,5 Mrd. € in 2023 (2022: 4,7 Mrd. €, zu Endverbraucherpreisen, Basis: consumer panel von Circana) schrumpfen. Kahnt: „Die Spielwarenhändler haben sich sehr gut mit Ware eingedeckt, um jeden Wunsch zu erfüllen.“ Trotz spannender Produkte – eine Anregungen bietet immer die TOP 10 Spielzeug Liste – und voller Lager bleibt die Renditesituation der Händler weiterhin angespannt. BVS-Vorsitzender Rainer Wiedmann: „Selbst wenn wir mehr Spielzeug verkaufen, bleibt am Ende nicht mehr Geld übrig. Die stagnierenden Margen reichen nicht, um die massiv gestiegenen Personal- und Energiekosten zu bezahlen. Dadurch stehen unsere Unternehmen unter starkem Druck.“
Gesamtlage hinterlässt Spuren
Die schwächelnde Inlandsnachfrage und sich verschlechternde wirtschaftliche Rahmenbedingungen gehen auch an den Mitgliedsfirmen des DVSI nicht völlig vorbei, wie Geschäftsführer Ulrich Brobeil näher ausführte. Lediglich 22 % der befragten Unternehmen erwarten für das laufende Jahr eine Verbesserung der Umsatzentwicklung, während 21% mit Umsätzen auf Vorjahresniveau rechnen und 57 % der Ansicht sind, dass die „Gesamtlage“ Spuren in ihren Bilanzen hinterlassen dürfte.
Lichtblicke gibt es aber auch 2023. So konnten sich das Segment Spiele & Puzzles sowie die Anbieter von Plüsch dem allgemeinen Trend entziehen und zulegen. Ein leichtes Umsatzplus mit +1,5 % erwarten erneut die großen Hersteller. Der Blick ins aktuelle Weihnachtsgeschäft fällt diesmal allerdings ein wenig skeptischer aus. Mittel- bis langfristig sieht sich die Branche – vor allem Großunternehmen – dennoch gerüstet, um auf den Wachstumspfad zurückzukehren. So bewerten 32 % der befragten Hersteller ihre Aufstellung für die nächsten Jahre als gut oder sehr gut. Das ist das Ergebnis der Umfrage zur repräsentativen jährlichen Branchenstudie, dem DVSI Index 2023/2024 mit dem diesjährigen Themenschwerpunkt „Standort Deutschland“. „Die Gesamtsituation hat sich eher noch verschärft“, sagt DVSI-Geschäftsführer Ulrich Brobeil, „und es kann nicht weiter überraschen, dass die DVSI-Mitglieder für 2024 erneut ein schwieriges Marktumfeld erwarten (...).“
Aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Verschlechterung der Kostensituation fahren die befragten Spielwarenhersteller derzeit auf Sicht. Stockten in den vergangenen Jahren zahlreiche Firmen beim Personal auf, legen sie in diesem Jahr die Bremse ein. Als größten Kostentreiber sehen 85 % der befragten Produzenten angesichts von Fachkräftemangel, Inflation und hoher Tarifabschlüsse im laufenden Jahr die stark gestiegenen Löhne und Gehälter. Eins stellte Brobeil dennoch klar: „Die Spielwarenbranche an sich steckt nicht in der Krise. Die Branche ist robust und für die nächsten Jahre gut aufgestellt.“ Es seien einzelne Unternehmensmodelle, die zurzeit auf dem Prüfstand stehen.