22.08.24 – Interview

Nachgefragt bei Dieter Strehl, Piatnik

Das Programm des Familienunternehmens umfasst heute Spiele für jede Generation und Puzzles, die zum Großteil am Wiener Standort produziert und in über 70 Länder der Welt verkauft werden. Wir wollten von Dieter Strehl, Geschäftsführer und Gesellschafter der Wiener Spielkartenfabrik Ferd. Piatnik & Söhne, wissen, wie er die aktuelle Situation der Branche einschätzt, woran er Bestseller erkennt und warum er nach wie vor in Europa produziert.

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Piatnik-Geschäftsführer Dieter Strehl ist der Ur-Ur-Enkel des Firmengründers Ferdinand Piatnik © Piatnik

 

In Ihre Zeit als Geschäftsführer fallen „Activity“ und „Tick Tack Bumm“, die zu Partyklassikern avanciert sind. Haben Sie einfach Glück im Spiel oder erkennen Sie eine gute Spielidee?

Dieter Strehl: Es ist kein Problem, neue gute Ideen zu finden. Schwierig ist es dagegen, aus allen guten die eine erfolgreiche Idee auszusuchen! Ich habe leider auch etliche Spiele abgelehnt, die später sehr gut liefen. Fakt ist: Wir haben schöne Erfolge eingefahren und ein paar Mal Glück gehabt. Aber Glück hat auch nur der Tüchtige …

Sie sind 2. Vorsitzender der Spieleverlage e.V. Wie würden Sie die aktuelle Situation in der Spielebranche beschreiben?

Dieter Strehl: Die Leute geben nicht mehr so viel Geld aus, das macht fast allen Branchen zu schaffen. Die verschiedenen Vorkostenerhöhungen und Rohmaterialerhöhungen in den letzten zwei Jahren haben dazu geführt, dass das Preisniveau angestiegen ist. Zusammen mit den Krisen dieser Tage ergibt das keine gute Mischung.

Wie begegnet Piatnik diesen Entwicklungen?

Dieter Strehl: Wir tragen ihnen Rechnung. Konkret: Wir senken die Preise von rund einem Drittel unseres Spielesortiments. Zum 200. Jubiläum gibt es 200 Preissenkungen. Das demonstriert auch unser Interesse, partnerschaftlich gemeinsam mit dem Handel durch diese Zeit zu kommen.

Piatnik produziert einen Großteil seines Sortiments am Unternehmenssitz in Wien. Haben Sie nie über eine Produktionsstätte außerhalb Europas nachgedacht?

Dieter Strehl: Produzieren in Europa geht sich noch immer aus. Obwohl vieles – nicht zuletzt die Gehälter – teurer ist. Aber man agiert marktnah und kann die sprachgebundenen Spiele ohne zeitintensive weite Transportwege in der kurzen Weihnachtssaison schnell an Kunden in ganz Europa ausliefern. Das ist ein klarer Trumpf und nicht zuletzt auch nachhaltiger. Wir drucken selbst, fertigen die Spielkarten und Spiele an, lagern und versenden von hier. Einkauf, Vertrieb, Marketing, Entwicklung und Produktion befinden sich bei uns in Wien unter einem Dach. 73 % unserer Mitarbeiter können zu Fuß, mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommen. Wir finden: Das ist ein rundes Konzept!

Ein Blick in die Zukunft: Wird auch in 200 Jahren noch analog gespielt?

Dieter Strehl: Ich glaube, dass analoge spielerische Beschäftigungen auch in Zukunft auf großes Interesse stoßen werden, auch aus sozialen Gründen. Man spielt ja auch immer noch Fußball. Spiele werden sich behaupten, weil sie unterhaltsam sind, die Kommunikation zwischen Menschen fördern und sie zusammenbringen. In diesem Sinne: Let’s Play Piatnik!