26.03.16 – Fachgeschäft des Monats März 2016

Mit viel Liebe und Glaubwürdigkeit

Ratternde Straßenbahnen, lärmender Autoverkehr, schnatternde Touristen – bereits um 11 Uhr ist Würzburg eine lebendige Stadt. Und mittendrin: Das Spielwarenfachgeschäft Die Murmel von Thorsten Drechsler. Ein Geschäft, das seit mehr als 20 Jahren existiert – trotz vieler Mitbewerber. Das Erfolgsgeheimnis? Authentizität bis ins kleinste Detail. 

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Das Sortiment in Die Murmel ist vielfältig und mit Liebe zusammengestellt.

 
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Ein großer, gemütlicher Lesestuhl lädt zum Verweilen ein.

 
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Was das 80 m² große Geschäft zu bieten hat, können Kunden nur zum Teil von außen erraten. Auf den beiden großen Schaufenstern – beide so lang wie ein Kleinwagen – prangert groß der Schriftzug „Die Murmel – Spiele und Verspieltes“, der einen ersten Hinweis darauf gibt, was sich hinter der Fassade des mehrstöckigen Hauses verbirgt. Tatsächlich findet der Kunde in der Augustinerstraße in unmittelbarer Nähe zur knapp 1000 Jahre alten Alte Mainbrücke aber sehr viel mehr – vor allem liebevoll ausgesuchte Produkte, jahrelange Erfahrung, kompetentes Fachpersonal und jede Menge Persönlichkeit.Schon beim Eintreten in den Laden wird jeder Kunde mit einem fröhlich-bayerischen „Grüß Gott“ empfangen. Auch der Augenkontakt darf nicht fehlen, wie Thorsten Drechsler, Inhaber von Die Murmel, erklärt: „Das ist mir sehr wichtig und gehört zum persönlichen Kundenkontakt dazu.“ Vor 23 Jahren entschloss sich der gelernte Werbekaufmann, der u. a. Werbeleiter bei der Firma Eibe war, ein Spielwarenfachgeschäft zu eröffenen. Sein Bruder brachte ihn auf die Idee. Doch statt sich in seiner Heimat Tauberbischhofsheim zu verwirklichen, einer 12.000-Einwohner-Stadt knapp 40 km von Würzburg entfernt, zog es Thorsten Drechsler in die Großstadt. Das Ziel war es, das schönste Spielwarengeschäft Deutschlands zu werden. „Hier werden nur Spielwaren verkauft, die ästhetisch schön sind. Denn schöne Dinge geben Kraft, hässliche Dinge kosten Kraft. Und ich glaube auch, dass wir mit Spielzeug das ästhetische Empfinden eines Kindes sehr gut prägen können“, beschreibt Thorsten Drechsler seine Philosophie. Deshalb wird jedes Produkt mit viel Liebe ausgewählt – Ansprüche wie Qualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit erfüllt die Ware ausnahmslos. Lizenzthemen dagegen sucht man hier vergebens. „Dadurch sind wir austauschbar und außerdem ist die Gewinnspanne viel zu klein“, sagt Thorsten Drechsler, der mit seinem Geschäft einen Jahresumsatz von 5000 Euro pro Quadratmeter erwirtschaftet.

Der Kunde kommt kontinuierlich

Diesen Umsatz warf Die Murmel aber nicht von Anfang an ab. Zu Beginn stand Thorsten Drechsler ein 50 m² großes Geschäft in einer Würzburger 2A-Lage zur Verfügung – „aus Kostengründen und um zu sehen, ob der Laden angenommen wird“, verrät der Fachmann. Und das wurde er: Nach neun Jahren war ein Umzug in ein größeres Geschäft unabdingbar. Jetzt befindet sich Die Murmel in der Augustinerstraße, einer laut Thorsten Drechsler 1B-Lage, so dass die Kundschaft merklich anstieg. „Aber von alleine kommen die Leute nicht in unser Geschäft. Man muss den Kunden abholen – z. B. mit einer Kundenkarte, die wir anbieten.“ Das Besondere daran: Der Kunde muss sich nicht mit dieser Karte beschäftigen – beim Bezahlen sagt man seinen Nachnamen und den Rest übernimmt das Personal. Eine Serviceleistung, die Kunden zu Stammkunden macht, und sie an das Geschäft langfristig bindet. Um diese Kontinuität und Bindung weiter zu stärken, verzichtet Die Murmel auch komplett auf Rabatte, weder vor Weihnachten noch sonst im Jahr werden prozentuale Reduzierungen vorgenommen. Das würde gegen die Glaubwürdigkeit des Unternehmens sprechen. „So kommen die Leute kontinuierlich, nicht erst dann, wenn es 14 Tage 20 % aufs Sortiment gibt“, sagt der Wahl-Würzburger. Glaubwürdigkeit heißt für das sechsköpfige Team, das aus dem Inhaber, dem Geschäftsführer Achim Bambach, zwei Auszubildenden und zwei Teilzeitkräften besteht, ein sehr gutes Fachwissen zu haben. So werden Schulungen der Spielzeug-Hersteller wahrgenommen, Produkte vor dem Verkauf getestet und gespielt, und verschiedene Messen besucht, um neue Trends kennenzulernen.Wie groß die Leidenschaft für seinen Beruf ist, macht sich insbesondere im Kundengespräch bemerkbar. Eine Dame sucht für einen vierjährigen Jungen ein Geburtstagsgeschenk. „Etwas Piratiges soll es sein.“ Sofort ist Thorsten Drechsler in seinem Element. Nachdem sein erster Vorschlag nicht ganz überzeugte, wird er kreativ. „Wie wäre es mit einem Kompass aus Holz, damit sich der angehende Pirat auf hoher See nicht verirrt?“ Der Vorschlag gefällt, vor allem, weil der Experte dem poteztiellen Geschenk einen Rahmen gibt. Außerdem empfiehlt er einen Piraten-Bart zum Aufkleben. Aus Erfahrung wisse er, dass dieser sehr gut ankäme. Die Kundin zeigt sich zufrieden und nimmt beide Produkte mit. Später erklärt der Fachhändler: „Es ist so wichtig, auf die Kunden einzugehen. Und jeder Kunde, der hier reinkommt, braucht ein Geschenk. Wenn er den Laden verlässt, ohne etwas gekauft zu haben, muss ich mich fragen, was ich falsch gemacht habe.“

Einzigartig statt austauschbar

Dass Thorsten Drechsler sich und sein Konzept hinterfragt, auseinandernimmt und wieder neu zusammensetzt, spiegelt sich auch in der Struktur der Warenpräsentation wider. Spätestens nach vier Wochen werden die Aktionsecken, die ein bestimmtes Thema in den Fokus rücken, neu gestaltet. Auch die Schaufenster befinden sich im ständigen Wandel, alle paar Wochen dekoriert Priska Hufnagel, Teilzeitkraft und Gestaltungsexpertin, die Schaufenster neu. Dann werden einzelne Produkte in Szene gesetzt, Geschichten erzählt und Aufmerksamkeit durch liebevolle Details erregt. Thorsten Drechsler versteht die beiden Schaufenster nicht nur als Visitenkarte, sondern als den ersten Verkaufsbereich. Deshalb müssen Die Murmel-Schaufenster so dekoriert werden, dass die vorbeigehenden Menschen stehen bleiben. „Wenn ich am Montag meine Schaufenster putzen muss, dann ist das ein gutes Zeichen, weil dann Kinder und Erwachsene regelrecht drankleben geblieben sind. Das ist ein großes Kompliment“, sagt der Die Murmel-Inhaber.Nicht nur die Schaufenster überzeugen durch Individualität und Leidenschaft, auch das Mobiliar des Ladens ist einzigartig. Aus Massivholz hergestellt, verleihen die maßangefertigten Regale und Schränke der Murmel einen wohnlichen, gemütlichen, aber auch sehr persönlichen Charakter. Die Idee für das Design kam Thorsten Drechsler bei einem Schreiner. Dort hatte er einen Altar entdeckt, der ausschlaggebend für das Design der Möbel war. Diese einstige Inspirationsquelle ist nun Teil des Gesamtwerkes, das Die Murmel zu einem bezaubernden Ort macht, und steht an einem zentralen Platz im Laden. Abgerundet wird das Ambiente durch eine Ton-in-Ton-Wandmalerei, die in hellen, gelben Farben gehalten ist. Die Motive sind den Spielwaren nachempfunden, die man im 80 m² großen Geschäft entdecken kann. So setzt sich das Angebot aus zehn verschiedenen Bereichen zusammen, wie z. B. Spielwaren für Klein- und Grundschulkinder, pädagogische Spiele, Jonglage, Zauberartikel und Plüschtiere. „Jedes Produkt ist nur einmal vorrätig und wird nachbestellt, wenn es verkauft wurde. Somit habe ich keine großen Lagerkosten“, beschreibt der Werbefachmann, der sich nicht nur für das Konzept des Spielzeug-Fachgeschäfts verantwortlich zeichnet, sondern darüber hinaus noch zwei weitere Facheinzelhandelsgeschäfte in Würzburg führt. „Die ursprüngliche Idee war es, in verschiedenen Städten Die Murmel-Filialen zu eröffenen. Aber dann hätte ich meine Zeit nur noch auf der Autobahn verbracht. Deshalb habe ich mich dafür entschieden, in einer Stadt mehrere Geschäfte zu führen,“ erklärt Thorsten Drechsler, der mit seiner Philosphie und Arbeitsweise genau das verkörpert, was es für ein erfolgreiches Unternehmen braucht: Leidenschaft, Glaubwürdigkeit und Persönlichkeit.