01.09.14

Skandinavische Leidenschaft

Dank Astrid Lindgren wissen wir, dass Schweden nicht nur ein großes Herz für Musik und Möbel, sondern auch für Kinder haben. Ein Paradebeispiel ist Anne Zapel von Bahr. Mit ihrer Firma «Krabat» will sie das gemeinsame Spielen fördern und präsentiert im zugehörigen Großhandel sowie den sechs Shops ausschließlich sorgfältig ausgewählte Produkte samt Eigenkreationen. Wir haben die sympathische Geschäftsfrau in einer der Stockholmer Filialen getroffen.

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Touristen, die Schwedens Hauptstadt besuchen, kommen an ihnen nicht vorbei: Gleich drei «Krabat»-Spielzeugläden befinden sich im Zentrum und wecken durch liebevolle Schaufenster-Dekorationen die Neugier. In der Einkaufsmeile Kungsgatan lädt ein überdimensionales Wikingerschiff aus Holz zu großen Abenteuern ein, während im Fenster nebenan die auf einer Schaukel sitzende Puppe sowie das nostalgische Kindercabrio Lust auf den nächsten Urlaub versprühen. Auch im Inneren werden ganze Themenwelten anschaulich dargestellt. «Unser Sortiment besteht aus zeitlosen, nachhaltigen und qualitativ hochwertigen Spielwaren, die wir entsprechend in Szene setzen», erklärt Chefin Anne Zapel von Bahr.

Gemeinsam mit ihrer Kollegin und Teilhaberin Malin Pehrsson kann die gebürtige Deutsche in diesem Jahr das 15. «Krabat»-Jubiläum feiern. Die Namensgebung hat übrigens nichts mit dem Kinderbuchklassiker von Otfried Preußler zu tun. «Krabat» heißt ins Deutsche übersetzt «Kleiner Fratz» – im Firmenlogo, das überall präsent ist, wird dieser als kleines Häschen definiert. Und auch in der Eigenmarken-Kollektion Krabat Design findet das Tier seine Umsetzung. Hier gehen die Ursprünge ins Jahr 1976 zurück. Damals hatte die ausgebildete Zeichenlehrerin Anne Zapel von Bahr gemeinsam mit drei Freunden die noch heute bekannte Firma Kalika gegründet, Figuren aus Velours gefertigt und neue Impulse in der Spielwarenbranche gesetzt. Nach 25 Jahren folgte mit dem «Krabat»-Großhandel sowie den Läden ein beruflicher Neustart – die Hingabe zu den Textiltieren ist geblieben.

Eigene Kollektion

Die farbenfrohen, im minimalistischen Stil gestalten Figuren verschiedener Größen bilden auch den Blickfang im Geschäft in Kungsgatan. Auf einer Insel im Eingangsbereich platziert, freuen sie sich auf neue Besitzer. Gefertigt wird in Tschechien. «Die Herstellung in Europa ermöglicht uns kurze Wege, zudem kennen wir die Näherinnen», erklärt Anne Zapel von Bahr die Vorteile. Die Handarbeit hebt die Produkte ins obere Preissegment. Auch eine eigene ökologische Textilkollektion für Babys umfasst das Programm. Die Zielgruppe von «Krabat» richtet sich daher an Eltern, die etwas Besonderes für ihre Sprösslinge suchen und an Kinder, die spezielle Wünsche haben.

Schweift der Blick weiter durch den 115 m2 großen Laden, kommen all die bunten Spielwaren aufgrund der in Weiß gehaltenen Einrichtung und der hellen Lichteinwirkung perfekt zur Geltung– beispielsweise die Püppchen, die sich hinter dem großzügig gestalteten Kassenbereich reihen, der Tisch mit den gut sortierten Kochutensilien oder die vielen Kostüme, die in der Partyecke hängen. Es dominieren Artikel, die das traditionelle Rollenspiel fördern und die Fantasie anregen. Die passenden Accessoires gibt es immer gleich dazu. Über das schwarz-weiße Karomuster führt ein schmaler Gang in den hinteren Bereich, der Spielen, Puzzles und dem kreativen Gestalten gewidmet ist. «Wir setzen uns stark dafür ein, dass Kinder nicht nur allein vor dem Computer sitzen, sondern wieder mehr miteinander spielen», betont Anne Zapel von Bahr.

Erlesene Produkte

Natürlich dürfen in dem schwedischen Fachgeschäft Pippi Langstrumpf-Produkte von Micki nicht fehlen, ebenso hat Brio hier Heimspiel. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf Importartikeln von ausgewählten Firmen – vorwiegend aus Frankreich. Zudem gibt es einige deutsche Hersteller zu entdecken: Corvus mit seinem «Kids at Work»-Programm, Lutz Mauder, Calafant–Spielwelten aus Karton, die Papierwarenvertriebsgesellschaft Ernst Freihoff sowie Pustefix und Sigikid. Beim Einkauf stellt das «Krabat»-Team den ökologischen Aspekt in den Fokus. Holz, Papier und Plüsch dominieren das Sortiment. «Und dennoch sind wir nicht grundsätzlich gegen Plastik», merkt Zapel von Bahr an. «Wenn die Produkte unserer Philosophie von Qualität, Sicherheit und Wertigkeit entsprechen, ordern wir diese trotzdem.»

Eine Entscheidung mit großer Wirkung. Denn vom Stockholmer Lager aus werden sowohl das Großhandelsgeschäft für ganz Skandinavien abgewickelt als auch die sechs eigenen Läden beliefert. Diese befinden sich in der Altstadt Gamla Stan, im Nobelviertel Södermalm, dem Stammsitz, sowie in Uppsala und Göteborg. Ein Design-Shop gehört außerdem dazu, der Wohnaccessoires für Erwachsene bereithält und gleich gegenüber der Filiale in Kungsgatan liegt. Wie unsere Ansprechpartnerin mitteilt, war man Ende der 90er mit den kleinen, inhabergeführten Spielwarenfachgeschäften Vorreiter in Schweden, wo große Märkte wie Toys ‘R‘ Us überwogen.

Derzeit stehen 40 Mitarbeiter auf ihrer Lohnliste, davon 24 Vollzeitbeschäftigte. Die meisten sind Bekannte der beiden Inhaberinnen und stammen ebenfalls aus dem kreativen Bereich, so dass sie ihre Leidenschaft am Produkt in der Warenpräsentation am PoS und im Kundengespräch gut vermitteln können.

«Das Argument, der Artikel ist ein Kassenschlager, zählt bei uns nicht.»

Neuheiten findet Anne Zapel von Bahr auf der Maison et Objet in Paris und vor allem auf der Nürnberger Spielwarenmesse – seit ihrem Start ins Berufsleben hat sie keine ausgelassen und auch mit 70 noch immer großen Spaß an der Auswahl. Gemeinsam mit der elf Jahre jüngeren Malin Pehrsson teilt sie denselben Geschmack und die Liebe für schöne Spielsachen: «Das Argument, der Artikel ist ein Kassenschlager, zählt bei uns nicht». Obwohl «Krabat» bereits mit einem angesehenen schwedischen Unternehmerpreis ausgezeichnet wurde, steht für die Inhaberinnen stets die Ware im Vordergrund, nicht die Zahl. Auch als Aussteller waren sie in Nürnberg schon mehrfach vertreten – allerdings mit mäßigem Erfolg. «Für uns ist der deutsche Markt schwierig, weil unsere Produkte eher den skandinavischen und französischen Geschmack treffen», glaubt Anne Zapel von Bahr. Einen weiteren Grund für die schwache Resonanz sieht sie im Gemeinschaftsstand, für den man sich entschieden hatte. Denn die engagierten Damen nehmen alles gerne selbst in die Hand. Nur die Zeit bleibt manchmal auf der Strecke – für alle Ideen, die auf ihre Umsetzungen warten.

Auf künftige Expansionen angesprochen, können sich die rührigen Händlerinnen einen erneuten Versuch mit Franchise-Partnern vorstellen. «Krabat» wurde in der Vergangenheit bereits dreimal in solchen Kooperationen betrieben, die allerdings der schwedischen Wirtschaftskrise zum Opfer fielen. Obwohl Zapel von Bahr von einem Ladenlokal in Hamburg träumt, eignet sich das auf Partnerschaft basierende Absatzsystem wegen der länderspezifischen Vorlieben und dem Importgeschäft vorwiegend für den skandinavischen Raum.

Wer nicht gerade in Schweden weilt, kann alle Produkte auch über den hauseigenen Online-Shop beziehen, der seit drei Jahren besteht. Genau wie hier im stationären Geschäft, wird dieser regelmäßig um die neuesten Entdeckungen erweitert. Die Themen sindübersichtlich gegliedert und die Preise gleich. Für den Design-Shop steht eine separate Homepage zur Verfügung. Der Versand erfolgt weltweit. «Wir müssen immer alles ausprobieren und dabei zeitgemäß handeln», sagt Anne Zapel von Bahr über dieses Engagement, wodurch auch ein Blick auf die liebevoll gestalteten Schaufenster gewährt wird. Doch am besten lässt sich das Einkaufserlebnis mit schwedischem Flair live erleben, um schon beim Spitzen durch die hohen Glasscheiben zum Spielen inspiriert zu werden.