16.02.21 – Gastbeitrag
Augmented Reality: Marktreif für die Spiele-Branche?
Lego tut es, Ferrero tut es, Ravensburger tut es. Einige Konzerne setzen heute schon auf Augmented Reality (AR). Doch wie können sich kleine und mittelständische Unternehmen diese Technologie zunutze machen? Welche spannenden Entwicklungen und Möglichkeiten AR mit sich bringt, erklärt Stefan Eipeltauer, Inhaber von Österreichs größtem Medienhaus im Familiensegment, sowie von ARkid, der Agentur für Produktvisualisierung.
Fast jeder von uns trägt heute ein Gerät bei sich, das es ermöglicht, die reale Welt mit virtuellen Kreationen zu überlagern und zu verschmelzen. So können Produkte, die nicht physisch vor Ort vorhanden sind oder Animationen, die den Ablauf eines Spiels erklären, durch ein dreidimensionales Erlebnis ins Wohnzimmer gezaubert werden. Ein Smartphone mit integrierter Kamera reicht dafür aus – und separate Apps sind keine notwendige Voraussetzung mehr für AR-Visualisierungen. Bereits in diesem Jahr werden weltweit fast 3 Mrd. Smartphones und Tablets in der Lage sein, durch das Zusammenspiel von Kameras, Sensoren und fortschrittlicher Software komplexe Augmented-Reality-Anwendungen darzustellen. AR ist damit buchstäblich in jeder Tasche griffbereit.
Auf Entwicklerseite bieten Technologiekonzerne wie Apple, Facebook oder Google mittlerweile die Rahmenbedingungen für einen skalierbaren Einsatz. AR-Anwendungen, die noch vor drei Jahren nur mit großem finanziellen Aufwand zu realisieren waren, können heute dank zahlreicher Innovationen wesentlich schneller und kosteneffizienter umgesetzt werden. Dies ermöglicht auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, die „erweiterte Realität‘ für ihre Marken zu nutzen.
Wie lässt sich AR in der Spielware einsetzen?
Bei ARkid beschäftigen wir uns täglich mit der Frage, welche Anwendungen im Bereich der Spielware und der Babyprodukte sowohl für Marken als auch für Konsumenten sinnvoll umgesetzt werden können. Gleich vorab: Die Einsatzmöglichkeiten sind mannigfaltig und das unausgeschöpfte Potenzial enorm. So lässt sich nicht nur das Produkt selbst in AR als „digitaler Zwilling“ erzeugen, sondern auch ganze Szenarien zur Erweiterung des Erlebnisses rund um das Spielzeug schaffen. Ob als Lernspiel zum Kinderglobus oder als virtuelle Abenteuerwelt rund um Action-Figuren – Augmented Reality wird ein elementarer Teil der Gesamterfahrung rund um das Produkt. Diese Möglichkeit, digital in den Schachtelinhalt zu blicken („Try-Before-You-Buy“) und zusätzliche Spielvarianten mittels AR zu erkunden, wächst zum maßgeblichen Faktor in der Kaufentscheidung des Konsumenten heran.
Tatsächlich lässt sich der Mehrwert von Augmented Reality aber schon viele Schritte im Vorfeld der Verbraucher-Erfahrung realisieren. So können Spieleentwickler und Hersteller bereits in der Entstehungsphase eines Produktes mithilfe von 3D-Modellen und AR-Visualisierungen, „virtuelle“ Prototypen realitätsnah im Raum betrachten und verschiedene Funktionen, Farben und Formen evaluiert werden.
Auch der Vertrieb vom Hersteller zum Händler profitiert vom Einsatz von Augmented Reality. Die ortsunabhängige Präsentation eines Produktes unterstützt Einkäufer dabei, über tausende von Kilometern hinweg fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Gerade in Zeiten, in denen Messen und der Außendienst aufgrund der aktuellen Pandemie pausieren müssen, bietet sich AR als permanent zugängliche Erweiterung für die Präsentation neuer Produkte besonders an.
In der Debatte um die Zukunft der Einzelhandelsfläche wurde der Einsatz von AR bisher wenig berücksichtigt. Zu unrecht, denn der eindeutige Trend zur Veränderung der stationären Fläche zum Spiel- und Erlebnisraum lässt sich wunderbar mit Augmented Reality kombinieren. Einladende Verweilbereiche und Spieltische, die virtuelle Interaktionen ermöglichen und magische Momente für die ganze Familie vor Ort erzeugen, bringen – und halten – die Kunden in den Laden. Die nächsten Produktgenerationen von AR werden völlig neuartige Erlebnisse auf der Ladenfläche erschaffen, die sich smarte Unternehmen, Hersteller wie Händler, zum Vorteil machen können.
In diesem Zusammenhang wird deutlich: AR muss auch als mächtiges Marketing-Tool verstanden werden. Die Faszination, die von diesem Medium ausgeht und die ihm innewohnende spielerische Natur bieten einen klaren Vorteil bei der Consumer-Experience gegenüber klassischen Werbemitteln wie Katalogen, Aufstellern und Printanzeigen. Tatsächlich ergänzt sich Augmented Reality mit bestehenden Werbekategorien sehr gut und wertet diese mit spannenden Interaktionsmöglichkeiten auf. Denn AR-Anwendungen lassen sich per Smartphone nahtlos per QR-Code auf einer gedruckten Anzeige, via Link auf einer Werbefläche im Internet oder aus jeder Messenger-App starten.
Ausblick auf eine neue Spielewelt
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit Augmented Reality für zahlreiche Segmente der Spielware ein Paradigmenwechsel eingeläutet wurde. Die Anziehungskraft, die von der Verschmelzung der beiden Realitäten ausgeht, erzeugt spielerische Begeisterung beim Konsumenten und paart diese mit einer hohen Einprägsamkeit und dem Bedürfnis, die erlebten Welten mit Freunden und Familie zu teilen. In Zukunft werden jene Unternehmen erfolgreich sein, die Spieldesign auch rund um das Produkt in der „erweiterten Realität“ denken, umsetzen und dem Konsumenten als eindrucksvolles Erlebnis anbieten. Wer sich den First-Mover-Advantage nicht nehmen will, sollte sich daher jetzt eingehend mit dem Thema beschäftigen – denn die Zukunft von AR hat schon längst begonnen.