02.12.15 – Gastspiel von Martin Stark

Spielzeugsicherheit im Kreuzfeuer

Martin Stark, Fachkraft für Spielzeugsicherheit bei HEUNEC, kennt die Hindernisse auf dem Weg zu einem „verkehrsfähigen“ Spielzeug.

Morty

Martin Stark sieht Politik, Verbände, Hersteller und Händler gemeinsam in der Pflicht, die Sicherheitsfrage zu diskutieren.

 

In „Mission Weihnachtsgeschenk“ sind bald wieder viele Verbraucher auf der Suche nach „gutem“ Spielzeug unterwegs. Doch nicht selten mischt sich in die Vorfreude ein ungutes Gefühl: Immer wieder zur Vorweihnachtszeit testen Verbraucherschutzorganisationen Spielzeuge. Und regelmäßig kommen dabei Produkte auch namhafter Hersteller schlecht weg. Die Hersteller werden im Vorfeld der Tests zwar informiert und erhalten sogar die Laborergebnisse zur Stellungnahme zugesandt. Aber auch ein einwandfreies Testergebnis garantiert noch lange keine entsprechende Bewertung.
Bei der Beurteilung von Laborergebnissen werden oft eigene Kriterien herangezogen. So kann schon der bloße Nachweis eines Stoffes zu einer empfindlichen Abwertung führen, auch wenn dieser weit unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert liegt. Einwandfreie und klar verkehrsfähige Produkte landen auf diese Weise schnell in der Rubrik „gefährlich“! Leider wird die Bewertung nach eigenen Kriterien nicht von allen Redaktionen auch angemessen kommuniziert. Stattdessen suggerieren manche Redaktionen dem Leser, dass die europäische Gesetzgebung vollkommen ungenügend sei. Glaubt man aber dem europäischen Spielzeugverband (TIE), gehören die Anforderungen an die Spielzeugsicherheit in Europa zu den strengsten weltweit. Wie kann es dann sein, dass offensichtlich verkehrsfähige Spielzeuge so falsch bewertet werden?

Streit um die Sicherheit
Ich habe das Gefühl, dass Spielzeugsicherheit zu einem Politikum geworden ist: NGOs, Lobbyisten und Europapolitiker leisten sich einen Machtkampf, bei dem es vordergründig weniger um die Klärung von Sachfragen geht, sondern vielmehr darum, wer in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren die meisten seiner Forderungen durchsetzen kann. Dabei kann es schon einmal passieren, dass selbst Stimmen kompetenter Fachleute überhört werden. Die Folge: Gesetzestexte mit hohem Interpretationspotenzial – oder sogar fehlerbehaftete normative Anforderungen. Diese Situation geht auf Kosten einer Rechtssicherheit. Leidtragende sind Hersteller, Handel und der Verbraucher. Dabei sollte eine hohe Rechtssicherheit das erklärte Ziel einer jeden Gesetzgebung sein. Sie würde es Verbraucherschützern schwer machen, verkehrsfähige Produkte ungestraft als gefährlich anzuprangern. Prüflabore hätten Probleme, einem Kunden gegenüber falsch-negative Testergebnisse zu rechtfertigen. Und auch der Handel täte sich in einem rechtssicheren Umfeld leichter, Produktanforderungen an seine Lieferanten zu formulieren.
Die meisten würden also von einer besseren Rechtssicherheit profitieren. Dieses Ziel zu erreichen, stellt aber eine Herausforderung dar, mit der die Politik alleine überfordert ist. Vielmehr sind Hersteller, Handel und Verbände gefordert, aktiv zu werden und sich – mehr als bisher – öffentlich Gehör zu verschaffen.

Gemeinsam Lösungen finden
Stellungnahmen als Reaktion auf Spielzeugtests, beispielsweise vom Deutschen Verband der Spielwarenindustrie (DVSI), sind ein wichtiger Schritt. Jedoch erreichen diese nur selten auch den Verbraucher. Ich würde mir eine gemeinsame Kampagne von DVSI, Herstellern und Handel wünschen, die dem Verbraucher aufzeigt, dass 99 % aller Hersteller zu ihrer Verantwortung stehen und alles tun, um ihr gerecht zu werden. Es sollte darüber aufgeklärt werden, dass NGOs sehr wohl eine wichtige Kontrollfunktion haben, die jedoch in Frage gestellt werden muss, wenn die Ängste der Leser instrumentalisiert werden, um Auflagenzahlen zu steigern. Und schlussendlich sollte die Kampagne auch gegenüber der Politik ein deutliches Zeichen setzen, dass die Spielwarenbranche aus dem Schatten herauszutreten und für ihre Rechte einzustehen bereit ist. Eine gezielte Aufklärung nimmt also nicht nur NGOs den Wind aus den Segeln. Auch die Politik erhält den klaren Auftrag, sich für eine Lösung der Probleme einzusetzen, mit denen Industrie und Handel täglich zu tun haben. Eine solche Kampagne wäre ein deutliches Bekenntnis zur Spielzeugsicherheit und würde dazu beitragen, ein falsches Bild einer ganzen Industrie öffentlich geradezurücken.