04.06.21 – Interview mit Ernst Kick, Spielwarenmesse eG

„Die Branche sehnt sich nach persönlichen Begegnungen.“

In diesem Jahr musste erstmals die Leitmesse der Branche ausfallen. Im Gespräch mit das spielzeug erläutert Ernst Kick, CEO der Spielwarenmesse eG, wie der Veranstalter das kompensiert, wie er die Zukunft von Fachmessen sieht und welchen Herausforderungen er sich in seiner fast zwanzigjährigen Zeit als Vorstand stellen musste.

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CEO Ernst Kick © Spielwarenmesse eG/Alex Schelbert

 

das spielzeug: Seit über einem Jahr finden aufgrund der Pandemie keine bzw. nur kleine, regionale Messen statt. 2021 musste zum ersten Mal die Spielwarenmesse coronabedingt ausfallen. Wie kompensiert ein Veranstalter wie die Spielwarenmesse eG dies?

Ernst Kick: Wir sind als Genossenschaft gut aufgestellt und hatten 2020 dank Durchführung der Spielwarenmesse ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Für 2021 sieht die Lage anders aus: Wir werden keine Einnahmen generieren und müssen gleichzeitig in 2022 investieren. Normalerweise bereiten wir uns 1,5 Jahre auf die nächste Veranstaltung vor. Die Unsicherheit in den Märkten und die fehlenden Perspektiven rund um das Messewesen seitens der Politik hatten in den letzten Monaten erhebliche Auswirkungen auf unsere Arbeitsweise. Wir konzentrieren uns derzeit ganz auf die Planungen für die nächsten Veranstaltungen, auf die wir gute Kundenreaktionen erhalten. Die Branche sehnt sich nach so langer Zeit nach persönlichen Begegnungen.

 

das spielzeug: Die Planungen für die Messe 2022 sind also längst angelaufen. Sind für die 72. Ausgabe der Leitmesse im kommenden Februar einschneidende Änderungen, z. B. was die Einteilung der Hallen angeht, vorgesehen?

Ernst Kick: Leider können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine verlässliche Aussage treffen, in welcher Form und unter welchen Auflagen Messen bis dahin möglich sind. Am Grundkonstrukt werden wir vorerst festhalten, da die Bauarbeiten auf dem Gelände der NürnbergMesse pandemiebedingt verschoben wurden und die Hallenstruktur sowohl von Ausstellern als auch von Besuchern „gelernt“ ist. Fest steht, dass wir mit der Spielwarenmesse 2022 wieder besondere Akzente setzen werden, an denen die Branche nicht vorbeikommt. Ich bitte aber um Verständnis, dass die Verkündung konkreter Maßnahmen aufgrund der aktuellen Situation einfach noch zu früh ist.

 

das spielzeug: Viele Branchenteilnehmer sehen in hybriden Messekonzepten die Zukunft. Stimmen Sie dem zu bzw. wie sehen Sie die Zukunft von (Fach-)Messen?

Ernst Kick: Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass Messen als Marketingplattform einzigartig sind und der persönliche Kontakt unabdingbar in unserer Branche ist. Durch die Pandemie wurde allerdings die Digitalisierung beschleunigt, was bedeutet, dass Messen künftig durch neue Prozesse begleitet werden. Auch wir verbinden ab der nächsten Spielwarenmesse, die vom 2. bis zum 6. Februar 2022 in Nürnberg stattfindet, das unverzichtbare Live-Erlebnis mit den virtuellen Möglichkeiten: Bei Spielwarenmesse Digital stehen Produkt- und Unternehmenspräsentationen, Networking und Wissensvermittlung im Fokus. Gerade nach der Erholungsphase des Messegeschäfts und noch nicht absehbaren Reisedispositionen werden hybride Messekonzepte sicherlich der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft sein.

 

das spielzeug: 2002 traten Sie das Amt des Vorstands der Spielwarenmesse eG an. Was waren in all den Jahren Ihre größten Herausforderungen und wie haben Sie diese gemeistert?

Ernst Kick: Anfangs bestand die Herausforderung in der Unternehmensstruktur an sich. Ich bin mit meinem Team den Schritt vom Verwaltungsapparat zum Marketingdienstleister gegangen und konnte die Mitarbeiteranzahl von 16 auf 60 erhöhen. Doch auch für die Spielwarenmesse selbst haben wir bedarfs- und zielgruppengerechte Strukturen eingeführt, wie beispielsweise die Zusammenfassung der Produktgruppen, um die Effizienz des Messebesuchs zu steigern und den Ausstellern mehr Kontakte zu verschaffen. Zu einem weiteren größeren Meilenstein gehört sicherlich die Internationalisierung. Heute sind wir in fast 100 Ländern mit Repräsentanten vertreten und haben auch Tochterunternehmen, mit denen wir auf anderen Kontinenten nationale Messen veranstalten.

 

das spielzeug: Im Juli treten Sie nun Ihren wohlverdienten Ruhestand an. Was werden Sie am meisten vermissen und auf was freuen Sie sich ganz besonders?

Ernst Kick: Ich werde mich der Spielwarenbranche natürlich immer eng verbunden fühlen, sodass ich nichts vermisse und mich ganz auf meinen neuen Lebensabschnitt freuen kann. Sobald es wieder möglich ist, werde ich mit meiner Frau die Welt bereisen und Land und Leute anders kennenlernen als in meiner bisherigen Position.