14.11.13

Handeln in China

In «Kashgar», dem Erstlingswerk von Gerhard Hecht, geht es darum, die Geschicke einer Handelsfamilie zu lenken und zum erfolgreichsten Gewürzhändler aufzusteigen – die richtige Taktik ist dabei unverzichtbar.

121aa1113sp.jpg

Bei «Kashgar– Händler der Seidenstraße» von Kosmos stellt sich jeder Spieler seine Karten selbst zusammen.

 

Der Untertitel «Händler der Seidenstraße» ist weniger kryptisch als der Titel selber. Und tatsächlich ist Kashgar dann auch ein Handelsort tief im Westen Chinas, auf dem Weg von Venedig nach Peking gelegen – also mitten auf der Seidenstraße. Hier, in der goldenen Stadt, wie es uns das Cover suggerieren möchte, kommen sie alle zusammen: fahrende Händler, graue Eminenzen, Quacksalber, und viele mehr. Aufträge gilt es zu erfüllen. Dafür müssen Gewürze, aber auch Gold oder Mulis, abgegeben werden. Keiner kann diese Güter allein organisieren. Kluge Familienschlüsse wachsen zu Karawanen – und diese haben Macht und Möglichkeiten, lukrative Aufträge zu erledigen.

So ist es ein wichtiges Ziel, seine Familien zu effektiven Karawanen anwachsen zu lassen. Zu Beginn managt jeder drei Familien, repräsentiert durch einen Patriarchen und einem Mitglied. Jede Familie besteht aus einer Kartenkolonne, die das Oberhaupt anführt. Im Gefolge befindet sich zunächst nur eine weitere Person. Damit ist kein Staat zu machen. Deshalb ist es die erste Aufgabe, seine Auslagen zu vergrößern. Der Patriarch wandert nach hinten an die Kartenreihe. Dafür darf eine weitere Begleiter-Karte genommen und ebenfalls hinten angehängt werden. So vergrößern sich die Familienbünde. Jede neue Personenkarte hat andere Effekte. Diese erlauben den Handel und Erwerb mit den unterschiedlichen Gütern, das Einlösen von Aufträgen, Störmanöver in fremden Karawanen und etliche andere Einflussmöglichkeiten. Es ist ein großer Reiz dieses Spiels, die Vielfalt der Karten und deren Kombination zu erfahren und auszutesten.

Große Spieltiefe

Da benutzte Karten immer wieder ans Ende der Kartenreihe – also der Karawane – gelegt werden, ist es ein wichtiges Unterfangen zu erspüren, wann eine Karawane die richtige Größe hat und nicht weiter anwachsen sollte. Nur so können wertvolle Charakterkarten in schneller Taktzahl wieder nach vorne wandern und erneut zur Verfügung stehen. Um die Größe bzw. Länge einer Reihe zu manipulieren, dürfen bestimmte Karten auch wieder aus der Auslage entfernt werden. Das optimal in den Griff zu bekommen, ist spielerisch reizvoll. Außerdem lassen sich nicht nur über Aufträge Siegpunkte erwerben. Bestimmte Charakterkarten (die Bauern) erhöhen Siegpunkte in Kombination mit den kleinen Auftragskarten (Getreidefelder). Solche Optionen gilt es im Blick zu behalten – auch bei den Mitspielern. Und schließlich gibt es die Doppelstrategie, über einige Charaktere neben den Funktionen auch Siegpunkte zu erlangen. Die wirklich vielfältigen Möglichkeiten bestimmen das Geschehen.

«Kashgar» gehört zu den derzeit sehr populären Kartendeck-Bau-Spielen (u.a. «Dominion»), hat aber die gelungene Neuerung, dass die zu bildenden Kartendecks offen liegen und mehr Einfluss erlauben. Das ist eine echte Erweiterung dieser Grundidee. Die unterschiedlichen Karten-Charakter sind animierend illustriert, zeitigen aber einen thematischen Stolperstein. Im fernen China wird es wohl weniger europäisch angehauchte Waldbäuerinnen, Schankmaiden oder Adelige gegeben haben. Die werden sich kaum auf den mühsamen Karawanenweg nach Kashgar begeben haben. Aber sonst stimmt alles: Leicht gelernt, schnell gespielt, spannend bis zum Ende! (pen)

Autor Gerhard Hecht

Anzahl 2 bis 4 Spieler

Dauer ca. 45 Minuten

Bewertung

+ Große spielerische Bandbreite durch 125 Personenkarten

+ Weiterentwicklung des lukrativen Deckbau-Spielsystems

+ Verschiedene taktische Optionen im Spiel angelegt

+ Erstlingswerk eines unbekannten Autors

o Thematisch nicht ganz stimmig