02.03.18 – Handelspraktikum, Seetroll

Ein (halber) Tag zwischen Spielspaß und Professionalität

Vom simplen Familienspiel bis hin zu ganzen Büchern voller komplexer Fantasiewelten für passionierte Gamer – im Seetroll ist jeder Spielertyp gut beraten. Redaktionsmitglied Agnes Verena Bauer durfte bei ihrem Handelspraktikum hinter die Kulissen der Konstanzer Filiale blicken.

Seetroll-Kasse.jpg

Mit iPad und Scanner geht das Kassieren gut von der Hand – daran könnte ich mich gewöhnen! © Meisenbach

 
Seetroll-Kundenberatung.jpg

Auf Kunden zugehen, beraten, sich austauschen – das ist nicht ohne, macht mir aber auch großen Spaß. © Meisenbach

 
Alle Bilder anzeigen

Mit fast drei Stunden Verspätung komme ich beim Seetroll in Konstanz an. Als echte Praktikantin hätte ich so wohl kein gutes Zeugnis bekommen – Pünktlichkeit ist schließlich, so steht es im Leitfaden für Mitarbeiter, ein wichtiges Kriterium bei der Arbeit in dem kleinen Spieleladen in der Konstanzer Innenstadt. Aber gegen blockierte Oberleitungen und andere Absurditäten auf deutschen Bahnstrecken lässt sich eben nicht viel ausrichten. So hilft trotz allen innerlichen Grolls letztlich nur geduldiges Abwarten.

Auch mit immenser „Zeitverschiebung“ heißt mich der Inhaber Michael Palm mit einem herzlichen Händedruck willkommen. Und auch mein heutiger Kollege Tobias Moschner schüttelt mir freundlich strahlend die Hand. Gemeinsam mit ihm mache ich mich gleich an die Arbeit. Zwar sind die meisten Aufgaben, bei denen ich ihn hätte unterstützen sollen, schon erledigt – schließlich kommen hier viele Kunden vorbei und da muss alles seine Ordnung haben – doch es gibt immer noch etwas zu tun. So zieht Michael Palm eine große Kiste unter dem großen Spieltisch im hinteren Teil des Ladens hervor: Comics, die ein Kunde bestellt hat. Unsere Aufgabe ist es, die Ware auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen. Tobias alias „Putt“ legt sich die Bestellliste zurecht und gleicht ab, während ich die Titel vorlese. Das ist gar nicht so einfach, wie es klingt: Die Farbgebung der Titel ist sich teilweise so ähnlich, dass man ganz genau hingucken muss.

Anschließend nehmen wir die Kasse in Beschlag, wo mir Tobias eine kleine Einführung ins System gibt. Erst vor zwei Tagen hat der Seetroll ein Rundum-Update bekommen: Die neue Software Inventorum erfasst alles über ein iPad und einen kleinen handlichen Scanner. Schnell und intuitiv geht so das Kassieren vor sich – dennoch übernehmen im „Live-Betrieb“ vorerst lieber die Profis.

Fachkompetenz und Eigeninitiative

Tobias verabschiedet sich für heute in den wohlverdienten Feierabend. So verbleibe ich mit Michael Palm allein im Laden. Während er sich um zwei Kunden kümmert, habe ich Zeit, mich etwas umzusehen. Im vorderen Teil des Ladens gibt es linkerhand eine große Auswahl an Karten- und Brettspielen, vom unkomplizierten Familienspiel mit hohem Spaßfaktor bis zum ausgefuchsten Strategiespiel für echte Kenner. Die Regeln hat das Team immer auf Abruf – jedes neue Spiel wird nämlich in ein- bis dreifacher Ausführung bestellt und kräftig von den Profis des Seetrolls getestet, bevor es ins Sortiment kommt. „Ich finde, das gehört einfach dazu, wenn man die Kunden richtig beraten will“, sagt Michael Palm.

 Die gegenüberliegende Wand ist von oben bis unten mit Comics bedeckt, davor stehen mit Mangas bestückte Drehregale für die Freunde der asiatischen Kunstform. Dezent füllt der kleine Kassenbereich die linke hintere Ecke des Verkaufsraumes aus, rechts davon liegen einige „Evergreens“ wie Backgammon, Schach & Co. Daneben kommt ein kleiner Bereich für Kinder- und Knobelspiele an der hinteren Wand, bevor man sich direkt vor dem großen Spieltisch wiederfindet, der den hinteren Ladenteil fast vollständig einnimmt. Regale rund um den Tisch halten Bedarf für Tabletop-Games sowie Pen&Paper-Rollenspiele bereit – von kleinen Warhammer-Figuren über Regelwerke für verschiedene Spielwelten bis hin zu zehn-, zwölf- und zwanzigseitigen Würfeln.

Eine Säule bildet die Mitte des Geschäfts, die neben Outdoor-Spielwaren noch eine Besonderheit des Seetrolls birgt: Das Regal an der Vorderseite dient als Plattform für eine Händlerallianz von inzwischen 18 Geschäften deutschlandweit, wo im Vierwochen-Takt die gleichen Spiele ausliegen. Darunter sind auch Spiele aus der Feder von Michael Palm – der passionierte Ladeninhaber erfindet nämlich nebenbei noch das eine oder andere Spiel, oft gemeinsam mit Spieleautor Lukas Zach.

Herausforderung: Kundenberatung

Eine junge Kundin betritt den Laden, während mein heutiger Chef sich wieder im Beratungsgespräch befindet und ich gerade Familienspiele nahe der Eingangstüre sortiere. Scheinbar hat sie mich gleich als Teammitglied eingeordnet – innerlich freue ich mich darüber – und geht schnurstracks mit ihrer Frage auf mich zu: Ein Spiel suche sie, das man mit der ganzen Familie spielen könne, vor allem die kleine Schwester soll mithalten können und die sei gerade neun geworden. Natürlich lasse ich die Suchende nicht stehen, sondern ergreife die Initiative – denn auch, wenn ich kaum eine Ahnung vom Sortiment habe, kann ich sie beschäftigen, bis Michael Palm Zeit für sie findet. Also stelle ich erstmal Fragen: „Welche Spiele habt ihr denn schon?“ und „Was spielt ihr denn sonst so?“. Gemeinsam nehmen wir ein paar Spiele unter die Lupe. Schon bald stoße ich aber an die Grenzen meiner Beratungsfähigkeiten und muss mich entschuldigen, dass ich „noch“ nicht so viel weiß. Da wir aber beide sehr kommunikativ zu sein scheinen, entsteht ein interessanter Smalltalk, bis der Spielemeister schließlich das Ruder übernimmt.

Während die beiden ins Gespräch vertieft sind, widme ich mich meiner letzten Aufgabe: den Auslagentisch vor der Kasse neu dekorieren. Die Asterix & Obelix-Spiele, auch unter Mitwirkung von Michael Palm entstanden, sollen besser zur Geltung kommen, außerdem kann das Gesamtbild etwas Abrundung vertragen. Gut, dass das Umdekorieren nicht viel Zeit beansprucht, denn schon wieder kommen neue Kunden ins Geschäft. Fleißig begrüße, smalltalke und bemühe ich mich, die Kunden im Laden zu behalten, bis sich Michael Palm ihrer annehmen kann – natürlich immer ganz offen und unaufdringlich, so wie ich es kurz vorher aus dem Mitarbeiter-Leitfaden gelernt habe.

Inzwischen neigt sich der Tag auch schon dem Ende zu und mein Chef für heute beginnt mit der Abrechnung. Noch schnell ein paar Spiele aus dem Keller geholt, um die Lücken im Regal wieder aufzufüllen – so kann ich den Seetroll zufrieden seinem Schicksal überlassen und verabschiede mich mit guten Wünschen und einem weiteren herzlichen Händedruck von Michael Palm.

Fazit

„Klein, aber oho!“ – diese Aussage ist wie geschaffen für den Seetroll. Auf der begrenzten Fläche mitten in der verwinkelten Altstadt von Konstanz findet man nicht nur ein unglaublich breites Angebot, sondern auch Menschen, die mit Leidenschaft bei der Sache sind. Michael Palm und sein Team leben für ihre Spiele und können daher nicht nur die Kunden begeistern, sondern punkten mit außergewöhnlicher Fachkompetenz.