01.01.14 – Hape - Interview

Deutscher Markt als Motor

Obwohl Peter Handstein in China ansässig ist, denkt er global und möchte mit seinem Unternehmen Hape die deutsche Handelslandschaft aufwerten.

Für die Entwicklung seines Konzepts hat er die Handels- und Nonfood-Expertin Ursula Lindl gewinnen können, die auch in der Spielwarenbranche langjährige Erfahrung hat. Im großen Exklusiv-Interview erzählen sie uns über ihre vielversprechenden Pläne.

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das spielzeug: Was steckt hinter Ihrer Idee, künftig gemeinsam mit Händlern eigene Konzepte zu entwickeln?

Ursula Lindl: Der Fachhandel befindet sich in einem Wettbewerb und wird stärker denn je seine Struktur verändern. Um erfolgreich agieren zu können, muss er sein Sortiment überdenken, die Produktqualität und die zu erzielenden Margen neu definieren sowie die Services überprüfen. Das Unternehmen Hape erfährt durch diese Marktveränderung große Gesprächsbereitschaft auf Handels- und Herstellerseite – sowohl deutschlandweit als auch international. Dabei werden beispielsweise folgende Themen diskutiert: Mit welchen Optionen kann man als Hersteller seinen Markt bzw. Absatz entwickeln? Gibt es Synergien durch neue Kooperationsformen? Wie sieht die neue Händler-Generation aus? Und inwieweit kann ein Hersteller die Aufgabe übernehmen, sich in sein Vertriebsnetz aktiv einzubringen? Welches Potential steckt für beide Seiten in einer neuen Form der Partnerschaft – z.B. durch die Analyse der Wertschöpfungskette? Handel und Hersteller unter einer Marke – wie funktioniert das in der Spielwarenbranche? Aufgrund der Nachwuchsproblematik und der in den letzten Jahren ersatzlos geschlossenen Spielwarenläden ist es verständlich, wenn durch diese Themen beide Seiten zu einer neuen Form der Offenheit in der Kommunikation veranlasst werden.

Peter Handstein: Selbst wenn Nachwuchs da ist: Wie viele junge Leute sind denn bereit, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten? Da läuft einiges schief. Ich bin kein Kapitalunternehmen, sondern ein Vollblutspielwarenmann und glaube nach wie vor, dass man mit Spielwaren, wenn man es vernünftig macht, heute noch seinen Lebensunterhalt verdienen kann.

das spielzeug: Wie sieht Ihr Vorhaben denn konkret aus?

Ursula Lindl: Wir sehen uns als Lösungsanbieter und sind bereit, mit Partnern aus der Branche zukunftsweisend zu arbeiten. Aufgrund des zunehmenden Drucks durch den Onlinehandel sind Individualität und Flexibilität mehr denn je gefragt. Dabei ist in erster Linie keine maßgeschneiderte Lösung erforderlich, sondern eine interaktive und standortrelevante Offenheit. Je individueller das Konzept, umso attraktiver.

Peter Handstein: Der erste Fehler ist der Gedanke, ob man auf Händler- oder Herstellerseite steht. Man muss bereit sein, ein Geschäft partnerschaftlich zu entwickeln. Das ist die Grundidee und Notwendigkeit, um im Markt erfolgreich bestehen zu können. Marge ist dabei eine wichtige Erfolgsgröße, aber auch das Gesamtkonzept muss schlüssig sein.

das spielzeug: Ihr Konzept ist also nicht auf bestimmte Formate ausgerichtet?

Peter Handstein: Die reinen Streckengeschäfte haben natürlich andere Anforderungen als hochwertige Einzelhändler oder Kaufhäuser. Hier muss man abgrenzen. Der Kunde sucht die edukative Spielware nicht beim Discounter.

Ursula Lindl: Die Chance für den Einzelhandel ist das verstärkte Interesse der Endverbraucher an nachhaltigen Produkten, besonders im Baby- und Kindersegment. Positiv ist, dass es eine permanente Nachfrage durch die jährlich wieder neu dazukommende Geburtenrate gibt. Diese muss man erschließen und entwickeln – mit einem Category-Ansatz und nicht mit der Warengruppen-Nomenklatur.

Peter Handstein: Es ist für beide Seiten eine langfristige Aufgabe. Deshalb bin ich persönlich und mit meinem Unternehmen nicht an kurzfristigen Aktionen interessiert, sondern als Familienunternehmen an einer auf Zukunft gerichteten, werthaltigen Partnerschaft.

das spielzeug: Herr Handstein, in Ihren Geschäften in China greift ein pädagogisches Konzept mit ein…

Peter Handstein: Das hat einen anderen Hintergrund. In China ist das Spielen noch nicht so bekannt und es gibt keine klassischen Spielwarengeschäfte. Dort bringen wir Eltern mit «Educational Centern» den Wert des Spielens erst einmal nahe. Wenn sie den Sinn verstehen, kommt auch die Bereitschaft zu sagen: Für die Entwicklung meines Kindes gebe ich Geld aus. Ich glaube, Spiel hat viel mit Kultur zu tun. Auch in Deutschland.

das spielzeug: Es müssen also keine reinen Hape-Stores sein?

Peter Handstein: Auch diese haben wir nur in China, weil es dort Spielwarenläden als solche nicht gibt. Aber in Deutschland wird eine gewisse Vielfalt erwartet. Das ist auch eine Qualitätsform: Ich bin auf meine Zielgruppe ausgerichtet und habe ein breites Portfolio. Wir betreiben in der Bundesrepublik ja schon einige Shop-in-Shop-Konzepte. Entscheidend sind die positiven Rückmeldungen. Dieselben Läden setzen das Konzept jetzt auch mit Käthe Kruse um.

das spielzeug: Apropos Käthe Kruse. In Donauwörth passiert derzeit einiges…

Peter Handstein: Spielware muss dorthin, wo die Zielgruppe ist. Wir planen hier eine Erlebniswelt mit einer gläsernen Manufaktur, einem Museum und einem Spielwarengeschäft. Auch die Verantwortlichen von Donauwörth sind daran interessiert, weil es ja die Käthe-Kruse-Stadt ist. Wir wollen hier die Synergien bestmöglich nutzen.

das spielzeug: Dann sehen Sie generell großes Potenzial in Deutschland?

Ursula Lindl: Zuerst einmal eine große Chance, den Markt, der sehr in Bewegung ist, mitgestalten zu können. Seit längerem verfolge ich das Interesse von innovativen, zum Teil branchenfremden Unternehmern bzw. Investoren am Spielwarenmarkt. Durch das starke Online-Geschäft ist der stationäre Handel zwar sehr betroffen, wodurch aber auch eine Bewegung entsteht, die als Chance gesehen werden muss und genutzt werden kann. Wenn sich ein Händler neu positionieren möchte, sehen wir das als Potenzial für beide Seiten: Händler und Hersteller.

Peter Handstein: Ich lebe schon lange in einer globalen Welt und habe bestimmt schon mit Fachhändlern aus 60 Ländern zusammengearbeitet. Aufgrund dieser Erfahrung glaube ich, ein Gespür dafür zu haben, wer im Markt gut vorankommt und wer weniger. Ziel muss es letztendlich sein, das beste Spielwarengeschäft der Welt zu machen.

Ursula Lindl

Nach über zehn Jahren ist die ehemalige Vedes-Vorstandsfrau Ursula Lindl, zuletzt Vice President der Metro Group Düsseldorf, zurück in der Branche. Vor kurzem hat sie sich als Beraterin im Nonfood-Bereich selbstständig gemacht. Seit November betreut die engagierte Geschäftsfrau den Bereich Business Development für Hape. Dabei verantwortet sie das komplette Markenportfolio als auch die konzeptionelle zukünftige Ausrichtung für den europäischen Markt. Ursula Lindl ist während der Spielwarenmesse vom 29.1. bis zum 3.2. am Stand von Hape anzutreffen.