02.09.25 – Fachgeschäft des Monats
Kleiner Laden für große Wünsche
Mit dem „Wichtelreich“ hat Barbara Binner auf kleinem Raum ein großes Paradies für diejenigen geschaffen, die auf der Suche nach hochwertigen Spielwaren sind. Herzstück des Geschäftes ist neben einer ausführlichen Beratung die gute Laune der Händlerin, die ihr Sortiment selbst anspielt – und sich nicht immer von allem trennen kann, was sie liebt.
Dank der bunt bedruckten Schilder, die draußen unter dem Vordach hängen, weiß man gleich, dass man das „Wichtelreich“ am Kitzinger Königsplatz gefunden hat. Im Juli 2019 gründete Barbara Binner dort ihr kleines Geschäft. Es hat nur etwa 35 m² Fläche und angrenzend rund 4 m² Lagerfläche. Beides ist von oben bis unten voller Spielwaren. quietschbuntes Plastik sucht man hier aber vergeblich. Die Händlerin legt nämlich viel Wert auf Nachhaltigkeit. Genauso wie auf Qualität und hochwertiges Material sowie möglichst wenig Verpackung. Viel Holz sticht einem hier ins Auge, viel Plüsch und sogar ein Regal mit ausgesuchtem Blechspielzeug gibt es, viel davon ist „Made in Germany“.
Barbara Binner hat eigentlich Sozialpädagogik studiert und war danach viele Jahre lang für ein Unternehmen tätig, das sich auf gesundes Wohnen, Sitzen und Schlafen spezialisiert hatte. Danach war sie fünfzehn Jahre lang in der Verlagsbranche beschäftigt. In dem Ladengeschäft, in dem heute das „Wichtelreich“ zu Hause ist, war zuvor ein Secondhand-Shop, in dem sie ausgeholfen hat. Als der dichtmachte, erkannte Barbara Binner die Chance, übernahm das Geschäft und baute es zum Spielwarenladen um. „Das hat den Vorteil, dass ich nur glückliche Leute im Geschäft habe“, erzählt sie. „Ich habe jeden Tag Spaß mit den Kindern, die ins ‚Wichtelreich‘ kommen, um sich Träume zu erfüllen – und ebenso mit den Erwachsenen, deren Augen oft leuchten, wenn sie sich umsehen. Für Kinder kauft schließlich jeder gern. Man sieht es den Leuten in der Beratung auch an, wenn sie mit dem Herzen dabei sind, besonders in den Augen. Dann weiß ich, was sie kaufen werden.“
Kuscheltiere für Klein und Groß
Aber nicht nur für Kinder wird im „Wichtelreich“ eingekauft, erzählt die Händlerin während unseres Interviews im benachbarten Café, das wir immer wieder kurz unterbrechen müssen, weil sie jemanden grüßt, der gerade vorbeiläuft, oder kurz mit ihrem Mann spricht, der während unseres Gesprächs im Laden die Stellung hält. Knapp die Hälfte aller Plüschwaren gibt Barbara Binner in die Hände von Teenagern ab 16 Jahren und Erwachsene. Und es kommt auch schon mal vor, dass sie bestimmte Produkte wieder in ihr kleines Lager räumt, weil sie sich doch (noch) nicht davon trennen kann. Man muss nämlich wissen: Im „Wichtelreich“ gibt es aufgrund des begrenzten Platzangebots von allem meistens nur eins im Ladenregal und es muss immer sofort nachgeräumt werden. Das kleine Lager ist auch einer der Gründe, warum Barbara Binner keine Mitarbeiter eingestellt hat. Es ist bis unter die Decke voll mit Kisten, in denen sich Ware befindet. „Ich habe kein vernünftiges Warenwirtschaftssystem. Aber ich weiß, dass in der dritten Kiste im zweiten Stapel von links genau der rosa Plüschhase drin ist, nach dem gerade verlangt wird. In meinem System den Überblick zu behalten, will ich niemandem zumuten“, lacht sie.
Die Lage vom „Wichtelreich“ ist ideal: Der Königsplatz liegt in der Innenstadt von Kitzingen, viele Menschen schlendern durch die Einkaufsstraßen in der Umgebung, weshalb viel Laufkundschaft ins Geschäft kommt. Wer gezielt zu Barbara Binner möchte, kann günstig vor der Tür parken. Direkte Konkurrenz gibt es in Kitzingen nicht. „In der Nähe befindet sich zwar eine Rofu-Filiale, aber ich sehe mich eher als Ergänzung dazu“, erzählt die Händlerin. „Viele der Klassiker habe ich nämlich gar nicht im Sortiment. Bei mir gibt’s z. B. kein Lego und auch kein Playmobil. Ich habe dafür Sachen, die es sonst nicht überall gibt.“ Und das sieht man sofort, wenn man den Laden betritt. Liebevoll eingerichtete Regale, in denen die Produkte von Jellycat, Djeco, Ostheimer, Maileg und Grimm’s arrangiert sind. Auch Produkte von Fagus stehen zur Auswahl. „Diese Marke liegt mir besonders am Herzen, weil sie in der Herstellung mit Behindertenwerkstätten zusammenarbeiten“, erzählt Barbara Binner und weist darauf hin, dass es auch die Werte der Produzenten sind, die für sie bei der Aufnahme ins Sortiment eine Rolle spielen. „Ich finde es auch wichtig, dass ich defekte Produkte im Sinne einer Art Garantie reparieren lassen kann und dass ich mich darauf verlassen kann, dass auf gute Bedingungen in der Produktion sowie auf Nachhaltigkeit geachtet wird. Was hilft es mir, wenn ein Produkt aus recyceltem Plastik hergestellt wird, ich aber nicht weiß, wie viel Weichmacher vorher drin waren?“ Im Portfolio ist auch ein Balance Board von TicToys. Die junge Marke wurde von zwei Familienvätern gegründet, die hierfür ausschließlich heimisches Buchenholz nutzen und alle ihre nachhaltigen Spielwaren immer für Konzentration und Bewegung konstruieren. „Es sind solche Geschichten und Informationen, die nicht nur mir, sondern auch meinen Kunden wichtig sind.“
Reinkommen und wohlfühlen
Auf Neuheiten aufmerksam wird Barbara Binner jedes Jahr bei der Spielwarenmesse in Nürnberg. „Und ich kann gut hinhören“, sagt sie, „v. a. bei den kleinen Kunden.“ Den Rest findet sie im Internet. Verbandsmitglied ist sie nicht.
Betritt ein Kunde das „Wichtelreich“, wird er freundlich gegrüßt. Wenn gewünscht, beginnt Barbara Binner daraufhin eine ausführliche Beratung – Herzstück ihrer Geschäftstätigkeit – denn sie weiß, wo alles steht, und hat außerdem (fast) alles, was sie verkauft, auch selbst angespielt. Wichtig ist ihr auch, dass die Kunden sich wohlfühlen, gerne wiederkommen und das Geschäft weiterempfehlen. „Man soll hier deshalb auch entdecken, einfach nur stöbern und alles anfassen können“, erklärt sie. Und das zu jeder Jahreszeit. Im Geschäft selbst finden sich v. a. saisonal unabhängige Produkte. Ganz oben in einer Ecke zeigen sich aber auch Krippenfiguren. „Hier passe ich das Angebot immer wieder an“, erzählt Barbara Binner. „Zum Start gab es v. a. essenzielle Figuren wie das Jesuskind, Josef und Maria. Damit sind meine Kunden jetzt eingedeckt, weshalb ich nun deutlich mehr Heilige Dreikönige, Esel, Schafe und Ochsen verkaufe.“ Vor dem Eingang gibt es, passend zum Sommer, Sandspielzeug.
Die Händlerin als Dienstleisterin
Um Kunden an sich zu binden, gibt es im „Wichtelreich“ u. a. Gutscheine, Geburtstagskisten und einen Einpackservice. Falls etwas Gekauftes doch nicht passt, kann man es umtauschen. „Ich sehe mich als Dienstleister und finde außerdem, ich mache ehrliche Preise“, sagt Barbara Binner, die außerdem immer wieder für die Aktionen von Büchereien, Kindergärten oder (Sport-)Vereinen Produkte spendet. Dafür nimmt sie häufig Ware, die zuvor im Schaufenster ausgestellt war – und nutzt das als Gelegenheit, umzudekorieren. „Das geht aber nur in der Freizeit“, sagt sie. „Weil ich dann alle Regale verschieben muss, um überhaupt dranzukommen. Das ist auch der Grund dafür, warum ich das eher selten mache.“ Wenn aber doch, freut sie sich über die Handabdrücke auf den Außenscheiben. „Wenn ich morgens komme und die Scheibe ist nicht verschmiert, habe ich was falsch gemacht“, grinst sie.