14.10.25 – Fachgeschäft des Monats
„Papa ist das Herzstück des Ladens“
Sonja Uhl führt ihr Geschäft „Spiel und Freizeit Swars“ gemeinsam mit ihrer Schwester Heike Heinzelmann bereits in vierter Generation. In Radolfzell ist ihr Geschäft eine Anlaufstelle für die ortsansässigen Kinder genauso wie für Touristen.
Sonja Uhls Ururgroßvater hat 1895 ein Kaufhaus eröffnet, wie man es sich vorstellt: mit schweren, hohen Holzregalen und langen Leitern, die gebraucht wurden, um auch die Schubläden ganz oben erreichen zu können. Im Sortiment fanden sich damals, wie es für ein Kaufhaus üblich war, allerlei Artikel für den Hausgebrauch: Knöpfe, Handtücher, Geschirr, Körbe, Koffer und einiges mehr. Als Sonja Uhls Vater Klaus den Betrieb übernahm, sah er die Tage des vielen Allerlei gezählt und konzentrierte das Angebot auf Spielwaren. Dieses Spielwaren-Fachgeschäft lief über die Jahre derart gut, dass die Familie 2005 Verkaufsräume im Nachbargebäude dazukaufen konnte, die Verkaufsfläche beträgt seitdem rund 300 qm. Heute führt Sonja Uhl gemeinsam mit ihrer Schwester das Geschäft in der vierten Generation. Papa Klaus mischt aber immer noch mit. „Er ist das Herzstück des Ladens“, sagt Sonja Uhl. „Mit seinen 88 Jahren hilft er immer noch aus und repariert u. a. defekte Modellbahnen für unsere Kunden.“
Das Geschäft ist Heimat
Die heutige Inhaberin ist im „Spiel und Freizeit Swars“ groß geworden. Das Geschäft ist für sie mehr als ein bloßer Laden, es ist ihre Heimat. „Als Kind hatte ich kaum Spielzeug in meinem Kinderzimmer“, erinnert sie sich. „Es gab ja alles im Laden und der war nur zwei Treppen entfernt. An mir wurde auch immer alles getestet. Und ich hatte schon als Kind ein Faible fürs Verkaufen.“ Nach der Schule entschied sie sich deshalb für eine Ausbildung, die sie in einem Spielwaren-Fachgeschäft im nahen Überlingen absolvierte. Danach kehrte sie in den elterlichen Betrieb zurück, sattelte aber noch eine Weiterbildung zur Fachwirtin drauf. Ihre Schwester, ausgebildete Bankkauffrau, stieß einige Jahre später dazu. „Ein Segen“, findet Sonja Uhl. „Sie ist viel fitter im Büro als ich. Ohne sie wäre ich aufgeschmissen.“ Außerdem beschäftigt Sonja Uhl derzeit vier weitere Personen: eine Vollzeitkraft, zwei in Teilzeit und einen Azubi.
Gemeinsam kümmern sie sich um „Spiel und Freizeit Swars“, das sowohl nach Themen, aber auch nach Geschlecht aufgeteilt ist. „Lego findet man ganz hinten“, beschreibt Sonja Uhl. „Damit alle einmal quer durch das Geschäft laufen müssen und auch bei den anderen Sachen vorbeikommen. Außerdem haben wir eine riesige Spieleabteilung, einen Bereich für Eisenbahnen und Modellbau, zu dem ich auch die ferngesteuerten Boote zähle, die hier bei uns am See eine große Rolle spielen. Outdoor-Spielzeug und Schwimmsachen gibt es bei uns selbstverständlich auch. Das ist in unserer Lage direkt am Bodensee auch ein Riesenthema. Und natürlich gibt es bei uns auch einen großen Bereich mit Produkten für Babys und Kleinkinder.“ Zu den wichtigsten Lieferanten gehören neben den „Zugpferden“ Lego, Amigo, Ravensburger und Carrera auch kleinere Hersteller wie Dieco oder Haba. Was ins Sortiment aufgenommen wird, entscheidet Sonja Uhl aus dem Bauch heraus. „Ich nehme auf, was mir zusagt“, sagt sie. „Dank meiner Erfahrung habe ich oft das richtige Gespür für Trends. Aber selbstverständlich habe ich auch die Standards im Regal, die in keinem Spielwarengeschäft fehlen dürfen.“
Vorteile dank Verbandsmitgliedschaft
Dank ihrer Mitgliedschaft bei idee+spiel sowie bei duo, die kürzlich ihren Zusammenschluss verkündeten, tut sie sich auch mit Bestellungen bei den ganz Großen leichter. Mindestens einmal im Jahr schließt sie sich einer Gemeinschaftsbestellung an. Das hat den großen Vorteil, dass bessere Konditionen mit den Herstellern ausgehandelt werden können und die Margen größer werden, weil kein Zwischenhändler gebraucht wird. Zudem profitiert Sonja Uhl von der Zentralregulierung, die weniger Arbeit im Büro bedeutet und lässt etwa auch Werbemittel für Weihnachten mit Verbandsunterstützung erstellen und verteilen.
Über Neuheiten dafür und den Rest des Sortiments informiert sich die Händlerin am liebsten persönlich. Einmal im Jahr besucht sie daher die Spielwarenmesse. „Ansonsten lese ich aber auch gerne Fachzeitschriften, wo ich immer viel entdecke. Ganz besonders achte ich beim Durchblättern auch auf die Anzeigen, über die Hersteller selbst ihre neuen Produkte anpreisen.“
Saisonal durchs Jahr
Insgesamt gibt es bei „Spiel und Freizeit Swars“ fünf Schaufenster, ein großes mit knapp 20 qm und vier kleinere, die etwa drei auf einen Meter messen. Etwa alle drei bis vier Wochen wird eins der Fenster neu dekoriert, immer mit aktuellem Bezug. Denn auch saisonale Themen spielen hier eine Rolle. Sonja Uhls liebste Zeit ist gleich der Jahresbeginn, wenn „Spiel und Freizeit Swars“ ganz im Zeichen der schwäbisch-alemannischen Fasnacht steht. „Wir haben hier in der Stadt zwei Narrenvereine, die für Spaß, Lachen und Gaudi sorgen. Entsprechend stehen wir ab Heilig Drei Könige bereit und bauen den halben Laden um, um vom Glöckchen für die ‚Häser‘ bist hin zum Prinzessinnenkostüm alles anbieten zu können.“ Das nächste große Thema ist Ostern. „Dann kaufen viele Leute Kleinigkeiten fürs Osternest bei uns, die sie wegen der hohen Portokosten nicht im Internet bestellen wollen.“ Auch der Sommer ist eine umsatzstarke Zeit für das Fachgeschäft. Schließlich kommen dann neben den ortsansässigen Kunden auch viele Touristen an den Bodensee. Und ab November steht alles im Zeichen von Weihnachten bzw. später von Silvester. Denn bei „Spiel und Freizeit Swars“ gibt es auch Feuerwerk – und das sogar speziell für Kinder. „Nur der Herbst ist bei uns etwas trocken“, sagt Sonja Uhl. „Weil wir nicht viel Schulbedarf haben.“
Mehrwert für die Kunden
Um ihren Kunden immer was zu bieten, was über die reine Beratung und den Verkauf hinausgeht, veranstaltet Sonja Uhl u. a. mehrmals im Jahr Malwettbewerbe. Kinder können z. B. im Frühling ihre selbstgebastelten Schmetterlinge und Blumen vorbeibringen und sie im Laden aufhängen. Dafür erhalten sie eine kleine Überraschung. Im Herbst lädt „Spiel und Freizeit Swars“ zum Nikolausstiefelbasteln, der selbstverständlich anschließend gefüllt wird, und wer mag kann ab und zu auch Holzelemente bemalen, die Sonja Uhls Schwager aus seiner Werkstatt vorbeibringt. Wer Geburtstag hat, kann einen Korb mit allem bestücken, was er sich wünscht. Die Partygäste können dann vorbeikommen und ein auf jeden Fall passendes Geschenk aussuchen. Und für die Feier selbst kann man die Carrera-Bahn mieten, die dann sogar geliefert und aufgebaut wird.
Bei all dem Herzblut und all der Leidenschaft plagen aber auch Sonja Uhl beizeiten Sorgen, wie es angesichts der Konkurrenz aus dem Internet mit ihrem Geschäft weitergehen wird. „Für mich persönlich ist es eine Herausforderung, da mithalten zu können“, sagt sie. Den unabhängigen Einzelhandel zu unterstützen, ist daher ihr Appell an alle. „Denn sonst haben wir irgendwann keine Innenstädte mehr – und das kann es ja auch nicht sein.“