18.09.24 – Firmenporträt

Fries: Ein Familienunternehmen wird 100

Die Unternehmensgeschichte der Firma Fritz Fries Söhne GmbH & Co. KG liest sich wie ein wilder Ritt durch das vergangene Jahrhundert mit all seinen Höhen und Tiefen. Dank einer großen Portion Kreativität und jeder Menge (Neu-)Erfindungsreichtum gelang es der Familie, ihr Unternehmen vier Generationen lang im Besitz zu halten und große Krisen zu überwinden.

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Wo alles begann: Eine historische Aufnahme des Firmengebäudes von Fritz Fries in Idar-Oberstein. © Fritz Fries

 
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Unternehmensgründer Fritz Fries © Fritz Fries

 
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Die Geschichte beginnt 1924, als der gelernte Werkzeugmacher Fritz Fries einen eigenen Betrieb gründet, in dem er Werkzeuge für die Idar-Obersteiner Schmuckindustrie fertigte. Nebenher konstruierte er Maschinen zur Herstellung extrem dünner Gummifäden, aufblasbarer Wasserbälle, nichttropfender Kolbenfüllhalter und Schmuckketten. Als seine Söhne Fritz jr. und Emil in den Betrieb einstiegen, wurde die Herstellung von Maschinen für die Diamantindustrie erweitert und um die Fabrikation von Schmucksteinfassungen ergänzt. Durch den Krieg wurde diese Entwicklung allerdings unterbrochen. Die Söhne mussten an die Front und man war gezwungen, den Betrieb auf Rüstungsgüter umzustellen.

Nach Kriegsende gab es zwar einen großen Bedarf an Konsumgütern, jedoch fehlte das Material, aus dem man etwas produzieren konnte. Fritz Fries sammelte deshalb auf dem nahegelegenen Truppenübungsplatz Patronen- und Granathülsen und fertigte daraus sog. Galanteriewaren, wie Taschen- und Tischfeuerzeuge. Über Tauschgeschäfte gelangte er an mehrere Tonnen Eisendraht und gestaltete daraus Haarnadeln, Haarklemmen und Lockenwickler.

Erste Schritte auf dem Weg zum Karneval

Nach der Währungsreform ging es mit Klappschlüsselanhängern weiter, die vorwiegend in die USA exportiert wurden. Bald wurde jedoch die Konkurrenz aus Hong Kong zu groß und man blieb auf etwa einer Million Schlüsselketten sitzen. Die nächste zündende Idee hatte Artur Fries, der dritte Sohn des Firmengründers, der nach seiner Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft im Familienunternehmen mitarbeitete. Er versah die Schlüsselketten mit diversen Anhängern und verkaufte sie an Schießbuden. In diese Zeit fällt auch der erste Kassenschlager des Unternehmens: Schmuckbaukästen für Kinder. Sie waren 22 Jahre lang in Versandhauskatalogen zu finden.

Ab 1961 übernahm Artur Fries die Geschäftsführung. Zwei Jahre später traf er eine bahnbrechende Entscheidung, als er mit der Herstellung von Karnevalsschmuck begann. Im ersten Sortiment fanden sich Prinzessinnenkronen und einige Standardorden, später folgten Diademe, Colliers, Ohrringe, Armreifen, Fingerringe, Kettengürtel, Zepter u. v. m.

Vom Spezialisten zum Komplettanbieter

Ab den 1970er-Jahren widmete man sich schließlich ganz der „5. Jahreszeit“ und baute das Karnevalssortiment mit der Aufnahmen von Hüten, Perücken, Masken, Federboas, Schminke, zahlreichen Accessoires und schließlich Kostümen immer weiter aus. Mit Gerd Horbach, dem Schwiegersohn von Artur Fries, trat auch erneut eine neue Generation ins Unternehmen ein.

In diese Zeit fällt die nächste mutige Entscheidung: Die Eigenproduktion von Textilprodukten. Mutig deshalb, weil in dem bisher nur metallverarbeitenden Betrieb keine Kenntnisse in Textilverarbeitung, im Modedesign, der Erstellung von Schnittmustern sowie die nötigen Beziehungen zu Stoff- und Zubehörlieferanten oder Fertigungspartnern wie Nähereien vorhanden waren. Jedoch gelang es, eine qualifizierte Schneiderin ins Boot zu holen.

Bis heute erfolgen Modellentwicklung, Schnitterstellung, Kreation neuer Stoffdesigns und der Einkauf von Stoffen am Firmensitz in Idar-Oberstein. Genäht wird seit mehr als 30 Jahren ein Großteil der Kostüme von Fritz Fries in einer tunesischen Partnerfirma. Eine langjährige Zusammenarbeit im Bereich Kostüme und Accessoires besteht auch mit einem chinesischen Unternehmen in Qingdao. Neben Karneval spielen heute u. a. mit Halloween, Fußball, Nikolaus und Silvester auch noch weitere Events eine Rolle im Sortiment.

Die Händler im Blick

Seit Mitte der 1990er-Jahre hat Fritz Fries auch diejenigen im Blick, die die Produkte verkaufen: die Händler. Für sie entwickelte man zunächst ein Shop-in-Shop-System, das aus größen- und sortimentsmäßig variablen Metallständern bestand, auf denen die Ware optimal präsentiert werden konnte. Diese wurden direkt im Geschäft aufgebaut und nach Plan bestückt. Weil das heutzutage für viele Händler nicht mehr praktikabel ist, entwarf man ein Shopsystem, welches nach Abstimmung mit dem Kunden in Idar-Oberstein bestückt und auf Europaletten an den PoS geliefert wird.

Herausforderung Corona

Mit großen Rückschlägen weiß man bei Fritz Fries umzugehen. Als 1991 infolge des Golfkrieges der Karneval in Deutschland abgesagt wurde, gelang es, durch die Anmeldung von Kurzarbeit und dank Finanzierungshilfen des Landes Rheinland-Pfalz die Umsatzeinbußen aufzufangen. Die wohl größte Katastrophe für das Unternehmen stellte jedoch die Coronapandemie dar. Fest geplante Umsätze zur Fußball-EM, zum Oktoberfest und zum Cannstatter Wasen blieben aus. Als sämtliche Karnevalsveranstaltungen in der Saison 2020/21 abgesagt wurden, waren davon rund 75 % des Jahresumsatzes betroffen. Man sah sich gezwungen, einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung zu stellen. Dies schuf die Möglichkeit, das Unternehmen unter Aufsicht eines gerichtlich bestellten Sachverwalters eigenständig zu sanieren. Weil man Kurzarbeitergeld beziehen konnte, mussten im Rahmen der Insolvenz keine Mitarbeiter entlassen werden. Im Juni 2021 wurde das Verfahren erfolgreich abgeschlossen. Zwei Jahre danach, im März 2023, wurde Andreas Heidrich nach vielen Jahren im Unternehmen zum zweiten Geschäftsführer neben Gerd Horbach ernannt.

In diesem Jahr feierte Fritz Fries nicht nur seine 70. Teilnahme an der Nürnberger Spielwarenmesse, sondern auch den 100. Geburtstag des Unternehmens. Die Fries-Gruppe besteht heute aus sieben Unternehmen im In- und Ausland, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Karnevalisten dieser Welt mit immer neuen originellen Karnevalsprodukten zu versorgen.