07.08.23 – Zukunft des Einkaufens
Innenstädte: Fünf Tipps für den Umgang mit der Krise
Die Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung von Innenstädten ist in aller Munde. Die Menschen in den Innenstädten, Händler, Gastronomen, City-Manager, Wirtschaftsförderung etc. schwanken zwischen Resignation, Verzweiflung, Aktionismus und guten Ideen. Unserer Gastautorin Heike Scholz sind in zahlreichen Diskussionsrunden zum Thema wiederkehrende Muster aufgefallen, aus denen sie fünf Tipps für den Umgang mit der Krise abgeleitet hat.
1. Vom 80er-Jahre-Bild der Innenstadt lösen
Die „gute, alte Zeit“ wird ja nicht nur im Handel gern beschworen. In den Köpfen sind heute noch die Bilder der 1980er-Jahre verhaftet, als die weitgehend nur aus Geschäften bestehenden Einkaufsstraßen mit Menschen gefüllt waren und es keinen Online-Handel gab. Diese Zeit wird nicht zurückkommen, selbst wenn wir den Online-Handel reglementieren oder alle Handelsriesen ihre Steuern brav in Deutschland oder der EU zahlen würden. Also raus aus den Köpfen mit diesen Bildern. Das macht Platz für eine zeitgemäße Sicht auf die ehemaligen Shopping-Meilen als neue Orte der Freizeitgestaltung. Der Handel wird in den Innenstädten immer eine wichtige Rolle spielen, ebenso wie Gastronomie und Kultur. Wir sollten darüber diskutieren, wie dieser Mix ausgestaltet und mit neuen Konzepten ergänzt werden kann, die neben allen kommerziellen Aspekten auch nicht-kommerzielle berücksichtigen müssen.
2. Eigeninitiative
Ich höre oft von Beteiligten auf Veranstaltungen, dass sich viel Frust angesammelt hat. Händler, Gastronomen, City-Manager investierten viel Energie und/oder Geld in Projekte, die nicht immer so erfolgreich waren, wie alle es sich gewünscht hatten. Doch oftmals blieb eine detaillierte Analyse der Gründe für das schlechte Ergebnis aus. Im Nachgang wurde oft nicht mehr betrachtet, ob die Idee nicht so gut, die Durchführung suboptimal oder auch schlicht die Erwartungshaltung zu hoch war. Alle sind frustriert und kaum zu weiteren Maßnahmen zu bewegen. Geblieben ist ein „funktioniert nicht, haben wir schon probiert“. Aber es nützt nichts. Verweigerung führt unweigerlich zu einer weiteren Verschärfung der Situation für alle. Auch hier heißt es, Vergangenes zurückzulassen und nach vorn zu schauen.
3. Alle an einen Tisch
Die jetzt stattfindende Transformation der Innenstädte kann nur für alle Beteiligten gut ausgehen, wenn sich auch alle engagieren. Es ist vollkommen klar, dass ein Engagement für die Neugestaltung des eigenen Umfelds zusätzliche Ressourcen benötigt. Und niemand behauptet, dass es ein Spaziergang wird. Auch wird nicht jeder immer und bei jeder Aktion vollen Einsatz zeigen können. Doch genau hier hilft die Gruppe, die Gemeinschaft, die immer zu mehr imstande ist als einzelne Akteure. Und: Nicht bei jeder Diskussion müssen auch immer alle anwesend sein. Was dazu führt, dass es eine zentrale Steuerung geben muss. Nehmen Sie hier z. B. Ihr City-Management oder jemand anderes aus der lokalen Verwaltung in die Pflicht.
4. Zentrale Koordination
Komplexe Veränderungsprozesse müssen gemanagt werden. Die bei der Ideengenerierung und Umsetzung erwünschten Gruppendynamiken müssen kanalisiert und auf die vereinbarten Ziele ausgerichtet werden. Hierfür benötigt jede Stadt eine Projektleitung. Sie koordiniert die handelnden Personen und Maßnahmen, sorgt für die notwendige Kommunikation und fungiert als Ansprechpartner für alle. Die zweite wichtige Funktion dieser Stelle ist, immer wieder Impulse zu setzen oder von den Beteiligten einzufordern. Sie ist also nicht nur Koordinator, sondern auch Motivator (und manchmal leider auch Blitzableiter). Es leuchtet ein, dass diese zentrale Funktion nicht neben anderen Aufgaben erledigt werden kann, sondern ein Fulltime-Job ist.
5. Fördermittel nutzen
Man muss nicht immer alles allein stemmen. Wie bereits ausgeführt, können Gemeinschaften den Einzelnen stärken. Und so stellen die Steuerzahler als Gemeinschaft einzelnen Gruppen Mittel zur Verfügung, die den Strukturwandel unterstützen sollen. Nutzen Sie diese Hilfe, die in Form von Fördermitteln auf verschiedenen Ebenen angeboten werden. Wirtschaftsförderung und/oder City-Management sind Ihre Ansprechpartner dafür, einen Überblick über die Möglichkeiten zu erhalten.
Sterbende Innenstädte können verhindert werden
Ich kann mir vorstellen, wie es jetzt in Ihrem Kopf rattert und wie viele Erlebnisse aus der Vergangenheit vor Ihrem inneren Auge gerade vorbeiziehen. Sie überlegen vielleicht, wie die Akteure in Ihrem Umfeld auf diese Vorschläge reagieren würden und wissen schon genau, wer sich engagieren wird und wer nicht. Schnappen Sie sich diejenigen, die mitmachen wollen und bilden Sie die „Allianz der Willigen“. Allen werden Sie es ohnehin nicht recht machen oder alle begeistern können.