14.08.24 – Interview mit Gerhard Erning, Barter1

„Wir distribuieren überschüssige Spielwaren wieder an die richtigen Stellen“

Barter1 ist ein Spezial-Dienstleister aus Düsseldorf im Bereich Gegengeschäfte. Als nächste Evolutionsstufe des Handels leert das Unternehmen Lager und reduziert damit bilanzielle Verbindlichkeiten. Zudem sichert es die Abnahme überschüssiger, abschreibungsbedrohter oder End of Life-Waren zu Anschaffungskosten. Im Gegenzug konvertiert Barter1 diese Waren in werthaltige Medialeistungen. Was mit der gekauften Ware passiert, welche Vertriebswege genutzt werden und welche konkreten Medialeistungen der Händler bekommt, erläutert Barter1-Geschäftsführer Gerhard Erning im Interview mit das spielzeug.

Gerhard-Eming-Barter1.jpeg

Gerhard Erning ist Gründer und Geschäftsführer der Barter1 GmbH. Seine Mission: Mit einer modernen, zeitgemäßen Version des Barterhandels die nächste Evolutionsstufe des Handels zünden und volle Lager in werthaltige Medialeistungen verwandeln. © Barter1

 

das spielzeug: Was sind Ihrer Meinung nach aktuell die größten Herausforderungen in der Spielwarenbranche, sowohl für Hersteller als auch für Händler?

Gerhard Erning: Aktuell ist das v. a. die wirtschaftliche Gesamtsituation. Auch wenn es mittlerweile konjunkturell wieder etwas bergauf geht, haben sich viele Branchen – so auch die für Spielwaren – von den Krisen der letzten Monate und Jahre noch nicht wieder erholt. Ein besonderer Einschnitt war da die Coronapandemie. Der Einzelhandel hat einen massiven Einbruch erlitten und mit den Langzeitfolgen hat die Spielzeugbranche heute noch zu kämpfen. Seitdem ist zwar der Onlinehandel stark angestiegen, aber wenn man sich die Zahlen für die Spielwarenindustrie anschaut, wird schnell deutlich, dass der stationäre Handel die Nase noch immer weit vorn hat. Und das liegt daran, dass der Kauf von Spielzeug nun mal ein sehr physisches, emotionales Kauferlebnis ist, was eben nicht durch ein paar Klicks ersetzbar ist. Die schlechte Wirtschaftslage wiederum führt vermehrt zu Insolvenzen der großen Kaufhausketten und für die Spielwarenbranche ist das fatal: Denn damit fällt für die Hersteller ein beträchtlicher Teil der Verkaufsfläche weg. Hinzu kommt dann noch, dass sich die Spielwarenbranche gegen einen riesigen, wachsenden Markt an Unterhaltungselektronik durchsetzen muss. Das führt zu einer Änderung der traditionellen Spielkultur, die sich natürlich auch in den Verkaufszahlen äußert.

 

das spielzeug: Sie sind Gründer und Geschäftsführer der Barter1 GmbH. Bitte beschreiben Sie uns kurz und knapp Ihr Unternehmen …

Gerhard Ering: Meine Geschäftspartner und ich haben die Barter1 GmbH 2018 gegründet. Die Idee, mal ein Dienstleistungsunternehmen für Gegengeschäfte aufzubauen, hatte ich allerdings schon viel früher. Ich komme selber aus der Mediabranche und zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn bin ich recht unmittelbar auch mit einem Barter-Kunden in Kontakt gekommen. Vor 30 Jahren ging es da um einen japanischen Autohersteller, der zwar Werbung mit hoher Markenbekanntheit machte, aber trotzdem kaum Autos verkaufte. Damals kaufte ein Unternehmen dem Hersteller die Autos ab und sorgte dafür, dass die Autos zugelassen wurden. Auch der Einkauf der Werbung lief zum größten Teil über dieses Barter-Unternehmen. Heute – in einer Zeit, in der der Handel viel dynamischer und komplexer ist – haben immer mehr Händler Schwierigkeiten, ihre Waren zu verkaufen. Aus Scham möchte jedoch niemand so richtig über dieses Problem sprechen, deshalb ist uns eine transparente, auf Vertrauen basierte Zusammenarbeit umso wichtiger. Hinzu kommt auch der Aspekt Nachhaltigkeit, denn durch Gegengeschäfte bringen wir Waren wieder in den Wirtschaftskreislauf, die sonst verramscht oder entsorgt werden müssten.

 

das spielzeug: Welche konkreten Dienstleistungen – Sie sprechen von „maßgeschneiderten Medialeistungen – bieten Sie Spielwarenhändlern? Eventuell können Sie das an einem Beispiel näher ausführen …

Gerhard Erning: Wir kaufen Lagerware zu Beschaffungspreisen ein. Dadurch leeren wir Lager und reduzieren Verbindlichkeiten in der Bilanz, was zu einem verringerten Cash-flow und besserer Liquidität führt. Als Gegenleistung verkaufen wir unseren Kunden Medialeistungen – von TV-Werbespots über Social Media Ads bis hin zu klassischen Anzeigen in Zeitungsbeilagen ist das ganz individuell. Maßgeschneidert wird das Ganze v. a. dadurch, dass wir dank unserer langjährigen Erfahrung und unseren Beziehungen zu Verlagen, Agenturen und Werbepartnern die optimalen Werbekanäle für unsere Kunden ermitteln können.

 

das spielzeug: Was passiert mit der von Ihnen gekauften Ware, d. h. wo wird diese verkauft? Welche Vertriebswege nutzen Sie?

Gerhard Erning: Die eingekauften Waren, z. B. Spielzeug eines bestimmten Herstellers, gehen weiter an einen Abnehmer. Das können typischerweise Händler wie Rewe, Edeka, aber auch Discounter wie Action oder Aldi sein. Den Distributionskanal legen wir je nach Kunde genauso individuell wie die Medialeistungen fest. Wenn Aldi oder Lidl mit Angeboten für Markenspielzeug werben, obwohl das eigentlich nicht zum normalen Sortiment gehört, dann kommt die Ware häufig über Gegengeschäfte in die Discounter. Bei Spielzeugwaren konnten wir in letzter Zeit beobachten, dass Drogerien als Distributionskanal immer mehr an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig lohnt es sich auch, den Blick auf andere Branchen zu werfen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Haushaltswarenhändler sowie Möbel- und Einrichtungshäuser ihr Sortiment dahingehend erweitern werden und in absehbarer Zeit auch Spielzeugprodukte verkaufen.

 

das spielzeug: Stellt das dann eventuell nicht eine Konkurrenz für die Händler dar?

Gerhard Erning: Es geht darum, die weggebrochenen Vertriebskanäle von Herstellern wieder aufzufüllen. Es sind so wenige Point of Sales übrig geblieben und wir distribuieren die überschüssigen Spielzeugwaren wieder an die richtigen Stellen – dahin, wo sie der Endkonsument einkauft. Da kann man wirklich nicht von Konkurrenz für die Händler sprechen. Im Gegenteil, als Großhändler versorgen wir die Händler mit Waren.

Weitere Artikel zu: