11.03.25 – Fachgeschäft des Monats
Wohlfühlort für die ganze Familie
In dritter Generation führt Jakob Berka gemeinsam mit seiner Schwester Julia Berka das gleichnamige Fachgeschäft. Unter einem Dach finden die Kunden dort Bekleidung für die ganze Familie und Spielwaren aller Art. Die Synergien nutzt das Familienunternehmen klug.
Der Ort Saalfelden liegt im österreichischen Bundesland Salzburg in einem weitläufigen Talbecken am Fuße des beeindruckenden Steinernen Meeres. Das Stadtgebiet ist zersiedelt, die Stadtfläche also verhältnismäßig groß, dafür, dass dort „nur“ 17.000 Einwohner leben. Dennoch gibt es ein Stadtzentrum und in dessen Mitte steht das Gebäude von „Berka“. 1931 als Lebensmittelgeschäft vom Großvater der heutigen Geschäftsführer gegründet, entwickelte es sich in den 1960er Jahren zu einem Kaufhaus über fünf Etagen. In dieser Zeit konnten die Kunden bei „Berka“ von Gartenmöbeln über Hochzeitsgeschirr und sogar lebenden Tieren alles kaufen, auch Spielwaren und Bekleidung. Als sich der Firmengründer zurückzog, übernahm die nächste Generation das Geschäft und reduzierte das Angebot nach und nach auf das Kerngeschäft aus Spielwaren und Fashion. Die restlichen Flächen sind heute an Ärzte, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, einen Schneider und ein Nachhilfe-Institut vermietet. Dieser Mix hält das Haus attraktiv.
Schon als Kinder spielten Jakob Berka und seine Schwester Julia im Geschäft, sausten etwa die heute noch intakte Holzrutsche hinunter. „Dort habe ich mir als kleiner Bub mal einen Zahn ausgeschlagen“, erinnert sich Jakob Berka, der heute den Spielwarenbereich leitet, während seine Schwester sich um den Bereich Bekleidung kümmert. Er erzählt: „Die Entscheidung, die meine Eltern und meine beiden Onkel, die ebenfalls bei ‚Berka‘ beschäftigt waren, in den 1990er- und 2000er-Jahren getroffen haben, hat sich ausgezahlt. Die Personalkosten waren damals sehr hoch, der Arbeitsaufwand für die riesigen Flächen einfach zu groß. Zudem war ‚Berka‘ ohnehin hauptsächlich für seine großzügige Spielwarenabteilung bekannt. Das heißt aber nicht, dass die Mode weniger Umsatz macht.“
Für Kinder und Eltern
Im Laufe der Jahre wurde das Gebäude immer wieder umgebaut und erweitert. Genau wie das Geschäftsmodell ist es beständig gewachsen und beherbergt heute im Erdgeschoss auf rund 600 m² die Fashion-Abteilung mit Bekleidung für Damen, Herren, Kinder und Babys, während im ersten Stock auf 1000 m² viel Platz ist für Spielwaren aller Art. Das schafft Synergien: „Die Kinder können im ersten Stock Spielzeug ausprobieren und stöbern, während die Eltern unten in Ruhe Klamotten shoppen können“, erzählt Jakob Berka. „Da spielen sich manchmal kleine Dramen ab, wenn die Kinder das Spiel unterbrechen und nach unten kommen sollen, um etwas anzuprobieren“, schmunzelt er.
2008 übernahmen er und seine Schwester das Geschäft von den Eltern, die aber immer noch mit Rat und Tat zur Seite stehen. Er hatte damals gerade sein Studium der Wirtschaft und Philosophie abgeschlossen, seine Schwester beendete ihr Ethnologie- und Spanisch-Studium. Dass die beiden das Geschäft weiterführen würden, war jedoch nicht immer klar. „Als kleines Kind will man natürlich das Spielwarengeschäft der Eltern übernehmen“, erzählt Jakob Berka. „Allerdings haben wir beide Saalfelden für das Studium verlassen und uns später aktiv dazu entschieden, wieder zurückzukehren.“
Fokus auf persönlichem Kontakt
Heute führen sie das Geschäft und ihre insgesamt 16 Mitarbeiter mit Fokus auf den persönlichen Kontakt zu ihren Kunden und lassen sich jede Menge einfallen, um diese ins Geschäft zu locken. Auf einen Onlineshop verzichten sie bewusst. „Man braucht jede Menge Kapital, um online ein konkurrenzfähiges Angebot machen zu können. Gerade, weil wir zwei Branchen miteinander vereinen. Wir haben eingesehen, dass wir mit den Weltkonzernen nicht mithalten können und fokussieren uns deshalb auf den persönlichen Kontakt“, sagt Jakob Berka. Das gelingt z. B. über eine Reihe von Aktionen und Highlights. Jakob Berka legt viel Wert darauf, dass Kinder die Spielwaren im Geschäft ausprobieren können – und er hat den Platz, das zu ermöglichen. Sie können sich etwa an der großen Carrera-Bahn austoben, die fast immer aufgebaut ist. Einmal im Jahr können Kinder hier einen „Carrera-RC-Führerschein“ machen. Sie müssen dann den Parcours quer durchs Geschäft meistern und erhalten anschließend ein Dokument mit Foto. In diesem Jahr soll es zudem eine Modenschau geben, bei der Kinder aus dem Ort als Models auftreten. Jakob Berka will bei der Veranstaltung moderieren.
Zudem können sie ferngesteuerte Autos ausprobieren oder an einem der Spieltische ein Gesellschaftsspiel testen, dessen Regeln die Mitarbeiter erklären. In jedem Regal, so das Konzept, sollte mindestens ein Artikel ausgepackt sein, damit man ihn in die Hand nehmen kann. Das Einkaufen soll zum Erlebnis werden. Dazu trägt auch ein Königsthron bei, der mitten im Geschäft steht, und mit einem Schild versehen ist, das dazu aufruft, sich zu setzen und ggf. ein Foto zu machen. Die drei Rutschen tun ihr Übriges. „Spielzeuggeschäfte sind häufig sehr, sehr voll“, sagt Jakob Berka. „Wir haben den Vorteil, dass wir 1000 m² haben, die wir bespielen können, aber auch bespielen müssen.“
Durchgänge und Nischen
Aufgeteilt ist der Spielwarenbereich relativ konservativ, wie Jakob Berka findet. Am Eingang gibt es ein Trend-Areal, in dem häufig wechselnd Neuheiten präsentiert werden. So haben die Kunden immer ein neues Bild, wenn sie die Abteilung betreten. Daneben gibt es einen Bereich für Fahrzeuge, eine Kleinkinder-Abteilung und eine für das seit Corona wachsende Segment der Gesellschaftsspiele. Neu gestaltet wurde unlängst der Bereich „Forschen & Entdecken“, wo sich Experimentierkästen und Kugelbahnen finden und in den auch die Kinderbücher integriert sind. Weil das Gebäude im Laufe der Zeit ständig erweitert wurde, sind viele Durchgänge und Nischen entstanden, die alle thematisch eingerichtet sind und damit ein eigenes Flair haben. So wird die Puppenabteilung etwa von Kronleuchtern erhellt. Die Spielwaren ziehen sich aber auch durch den Rest des Geschäfts. Im Erdgeschoss bei der Mode finden sich z. B. verschiedene Spieltische, in der Herrenabteilung steht ein großer Lego-Baukran. Mit dieser Kombi hebt Berka sich auch von Mitbewerben ab.
Sein Sortiment wählt Jakob Berka nach dem Grundsatz aus, ein Spielwarengeschäft zu gestalten, das Kinderaugen zum Leuchten bringt und in das auch Eltern und Großeltern gerne kommen. Neben den Top-Lieferanten Lego, Ravensburger, Tonies, den Schulranzen von Ergobag, Satch und Affenzahn, sowie Bruder, gibt es daher auch Artikel, die Erwachsene in seinem Fachgeschäft erwarten. „Ich verkaufe zwar vielleicht nur zehn Stück im Jahr, aber selbstverständlich gibt es bei mir Steiff-Teddybären mit Brummstimme. Ähnlich geht es mir mit Holzspielzeug“, beschreibt Jakob Berka. In der ländlichen Gegend um Saalfelden spielen Traktoren und Baufahrzeuge einfach eine größere Rolle. Erfreulicherweise nehmen die Umsätze mit Gesellschaftsspielen in letzter Zeit aber auch wieder zu.
Lieferanten & Kollegen
Zur Zusammenarbeit mit den Herstellern sagt er: „Eigentlich läuft es sehr, sehr gut. Teilweise gibt es aber Lieferanten, die eine gewisse Marktmacht haben und diese auch auszuspielen wissen.“ Und: Weil manche Hersteller nicht mehr direkt, sondern über den Großhandel vertreiben, hat das Auswirkungen auf seine Preispolitik. „Wenn ich einen Artikel beim Großhandel zu einem Preis einkaufe, für den ein anderer Händler ihn verkauft, bin ich nicht konkurrenzfähig. Ich hoffe deshalb sehr, dass sich wieder Handelsvertretungen finden, die die Mühen in Kauf nehmen und sich um den Fachhandel kümmern. Wünschenswert wäre es, wenn der Verband mehr Druck ausüben würde.“
Stichwort Verband: Jakob Berka ist Mitglied bei idee + spiel und in einer Erfa-Gruppe. Bei den Treffen zweimal jährlich tauscht er sich mit Kollegen der Branche aus. „Besonders schätze ich die mentale Absicherung, die ich dort erhalte. Ich kann dann herausfinden, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin oder eben nicht und meinen Horizont erweitern. Damit will ich einer gewissen Betriebsblindheit vorbeugen. Man sieht ja manchmal Sachen nicht mehr, die eigentlich komplett offensichtlich sind.“
Prospekte gestalten
Über Neuheiten informiert sich Jakob Berka auf der Spielwarenmesse in Nürnberg. „Dort ordere ich aber nichts“, erzählt er. „Das mach ich ausschließlich, wenn ich in meinem Geschäft bin, weil ich da viel mehr Gespür habe, was funktioniert und was nicht. Außerdem lasse ich mir dann mehr Zeit und überlege Bestellmengen genauer.“
Um Werbung und Marketing kümmert er sich selbst. Er gestaltet Oster- und Weihnachtsprospekte lieber in Eigenregie, um mehr Einfluss auf die Artikel und die Preisgestaltung zu haben. So haben es z. B. im vergangenen Jahr verschiedene Modelle von Gondeln in den Prospekt geschafft, die in Saalfelden und Umgebung auf den Umlaufbahnen fahren. Eine davon fährt übrigens auch durch das Geschäft. Zudem bucht er Anzeigen in Hotel-Prospekten. „Unsere Gegend profitiert stark vom Tourismus“, erzählt Jakob Berka. „Die Werbung in den Hotels ist zwar nicht billig, aber es rentiert sich. Schließlich brauchen die Urlauber bei Schlechtwetter eine Beschäftigung. Und sie wissen ja nicht, dass es uns gibt.“ In den sozialen Medien weist er auf neue Marken hin, auf Abverkaufsaktionen oder auf eines der Events im Geschäft. Das sei zwar kostengünstig, nehme aber viel Zeit in Anspruch.
Highlight Kasperltheater
Und die braucht der Händler u. a. auch für eines der Highlights bei Berka: Das dreimal im Jahr stattfindende Kasperltheater, bei dem die ganze Familie zusammenhilft. Gebaut wurde es von einem Tischler, bemalt vom Mann seiner Schwester. Die Geschichten schreiben die Berkas selbst. Und sie übernehmen auch alle Rollen. Jakob Berka spielt den Kasperl, seine Schwester Julia alle anderen Rollen, sein Vater spielt auch mit. „Wir haben damit vor ca. 15 Jahren angefangen, mit etwa 15 Zuschauern. Heute kommen an die 150. Da geht es zu wie auf einem Rock-Konzert. Wenn alle auf die Frage: ‚Seid ihr alle da?‘ mit einem gebrüllten ‚Ja‘ antworten, muss man sich die Ohren zuhalten“, erzählt Jakob Berka begeistert. Nach der Vorstellung, wenn der Andrang groß ist, steht er auch selbst an der Kasse. Denn auch wenn die Eltern vielleicht eigentlich nichts kaufen wollten: „So ein steinernes Herz kann keiner haben.“