16.11.18 – Gastspiel von Dr. Marko Jakob, TinkerToys

Der Weg zur Digitalisierung

In europäischen, nordamerikanischen und asiatischen Märkten sind deutsche Spielwarenhersteller durchaus bekannt und angesehen. Diese Markenreputation bietet große Chancen für den Online-Direktvertrieb.

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Dr. Marko Jakob, COO/CFO TinkerToys © Marko Kakob/Tinkertoys

 

Eine Recherche in den gängigen sozialen Medien wie Facebook und YouTube zeigt, dass es sehr große Fannetzwerke gibt, die ständig neuen Content rund um die Produkte der Hersteller erzeugen. Dieses Potenzial bleibt aktuell weitgehend ungenutzt. Die Endkunden haben eine hohe emotionale Bindung zu den Produkten und investieren Zeit und Geld, um die Produkte in Szene zu setzen. Nur wenige Produktgruppen können überhaupt eine solche Bindung aufbauen.

Basierend auf diesen Stärken lassen sich starke digitale Geschäftsmodelle realisieren. Die Digitalisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft wird weiter fortschreiten und sich dabei beschleunigen. Auf der makroökonomischen Zeitachse betrachtet, befindet sich die Digitalisierung erst am Anfang. Ausgehend davon, gibt es sehr viel Potenzial für deutsche Spielwarenhersteller, um von der Digitalisierung zu profitieren. Es gibt mehrere Wege, ihr zu begegnen. Klar ist jedoch, dass es nicht damit getan sein wird, einen eigenen Online-Shop aufzusetzen und zu hoffen, dass plötzlich die Kunden online direkt einkaufen. Dies wird nicht passieren! Grundsätzlich gibt es drei mögliche Handlungsoptionen für eine Digitalisierung:

1. Aufbau einer eigenen digitalen Business Unit

Die derzeitigen Strukturen etablierter Spielwarenhersteller lassen es aktuell nicht zu, digitale Geschäftsmodelle erfolgreich zu entwickeln. Die Organisationen sind in der Regel so aufgestellt, dass sie Fabriken in Asien, Osteuropa oder Nordafrika steuern und optimieren. Die dort erstellte Massenware wird zu Groß- und Fachhändlern distribuiert und vermarktet. Diese Prozesse sind weitgehend perfektioniert. Für den Aufbau eines digitalen Geschäftsmodells jedoch werden andere Fähigkeiten und Kompetenzen benötigt. So sind eine ausgeprägte Fehlerkultur, in der ein gewisser „Mut zur Lücke“ honoriert wird, ein kundenzentrierter Produktentwicklungsansatz und eine datengetriebene Analysementalität elementar wichtig. Eine Lösung kann daher sein, diese Fähigkeiten und das dafür notwendige Personal in einer separaten Geschäftseinheit zu bündeln und autark arbeiten zu lassen. Bei diesem Ansatz muss die Geschäftsführung Geduld haben. Erfolge werden sich nicht so schnell einstellen. Vielmehr müssen anfangs Investitionen getätigt werden, um Hypothesen zu testen. Langfristig jedoch wird sich dieser Ansatz auszahlen, da ein Unternehmen digitale Kompetenzen und Know-how aufbaut.

2. Kooperation mit digitalen Partnern

Ein zweiter Weg, um der Digitalisierung zu begegnen, ist die Kooperation mit digitalen Partnern. Es gibt Akteure am Markt, die über jene Kompetenzen verfügen, die für die Hersteller von Interesse sind. An Universitäten, in Start-ups oder in branchenfremden Unternehmen finden sich zahlreiche Ansatzpunkte, um die eigene Digitalisierung voranzutreiben. Es empfiehlt sich, solche Kooperationen in Form konkreter Projekte zu starten. Das setzt voraus, dass es bereits Ideen für digitale Geschäftsmodelle gibt. Die Herausforderung bei solchen Kooperationen liegt zum einen in der Geschwindigkeit – zumeist sind die Kooperationspartner deutlich agiler als die eigene Organisation –, zum anderen ist der Erfolg eines solchen Projektes nicht garantiert. Auch dieser Digitalisierungsansatz setzt eine Fehlertoleranz und Lernbereitschaft voraus. Die Vorteile liegen jedoch auf der Hand. Eine Kooperation minimiert das Risiko eines Herstellers erheblich, da die Partner in der Regel Erfahrungen gesammelt haben und dadurch Fehler vermeiden. Weiterhin kann ein Kooperationsprojekt mit einem schlanken Ressourcenansatz initiiert werden. Darüber hinaus kann das operative Geschäft ungehindert fortgeführt werden. Eine Kooperation „belastet“ die eigene Organisation in der Regel nur geringfügig.

3. Digitale Transformation

Ein dritter Weg, um die Digitalisierung des eigenen Geschäftes voranzutreiben, ist die digitale Transformation. Darunter wird ein sukzessiver Wandel des Geschäftsmodells hin zur digitalen Wertschöpfung verstanden. Konkret bedeutet es, dass zunächst einzelne Prozessschritte digitalisiert werden, bis am Ende eine Digitalisierung erfolgt ist. Jeder Schritt in der Wertschöpfungskette eines Herstellers wird dabei analysiert, bewertet und anschließend auf seine Digitalisierbarkeit überprüft. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass man sich Stück für Stück vorarbeiten kann, ohne einen kompletten Wandel in kurzer Zeit vollziehen zu müssen. Genau darin liegt jedoch auch das Problem. Die Zeit, die für einen solchen Transformationsprozess benötigt wird, ist sehr lang und bietet dadurch dem Wettbewerb großes Potenzial, um Marktanteile zu erobern. Der Vorteil ist, dass alle Mitarbeiter einbezogen werden können. Dadurch entsteht im Unternehmen eine hohe Akzeptanz für die Digitalisierung.

Fazit: Die Geschäftsmodelle der Zukunft werden immer auch auf Daten beruhen. Dadurch ist die Digitalisierung keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Ein weiterer Aufschub ist fahrlässig. Die Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen bedarf Zeit und Ressourcen. Der Aufwand jedoch lohnt sich. Der Spielwarenmarkt bietet enormes Potenzial.